Kanalratten und Dosenzaun

Ganz Großbritannien hat Angst. Aufgrund seiner Insellage und strengen Zollbestimmungen konnte das Land bisher tollwutfrei gehalten werden. Mit der für 1993 vorgesehenen Fertigstellung der Superröhre Eurotunnel vergrößert sich jedoch die Gefahr, daß kranke Tiere von Frankreich aus nach England überwechseln könnten. Wie die Weltgesundheitsorganisation befürchtet, könnten Füchse, Hunde und Katzen sowie Ratten und Fledermäuse die Tollwut auf die Insel bringen.

Doch die Briten sorgen vor. Schon während der Bauarbeiten am Kanaltunnel wurden besondere Maßnahmen getroffen, um Tiere aus der Röhre fernzuhalten. Nach Fertigstellung sollen dreifache Tollwutsperren die kranken Viecher abhalten. Der erste Sperrzaun soll bereits um die Tunnel-Terminals herum errichtet werden, ein zweiter an den Tunneleingängen und ein dritter, mit Strom geladener in der Röhre selbst. Was die Fledermäuse angeht, so sollen tägliche Kontrollen an den Tunneleingängen dafür sorgen, daß sich diese Tiere nicht im Inneren ansiedeln. Da die Fledermäuse sowohl in England als auch in Frankreich geschützt sind, sollen sie eingefangen und an anderer Stelle wieder freigelassen werden. Damit keine Nagetiere durchkommen, werden alle Versorgungs- und Abwasserleitungen mit Drahtgeflecht vergittert.

In Deutschland wurde eine völlig neue Art von Zaun entwickelt, der Tieren den Weg versperren soll: Ein Duftzaun aus der Dose.

In den alten Bundesländern zahlen die Versicherungen ca. 400 Millionen Mark jährlich zur Regulierung von Wildschäden. Pro Jahr werden auf den Straßen 120.000 Hasen, 80.000 Rehe und 3.000 Stück Rotwild getötet. 1990 wurden bei 250.000 Wildunfällen 50 Menschen getötet und rund 1.500 Autofahrer zum Teil schwer verletzt. Der ADAC entdeckte eine Marktlücke. Für 350 Mark bietet der Autoclub einen Duftzaun an. Er besteht aus organischem Schaum, der an Bäume, Büsche und Leitplanken entlang der Straßen gespritzt wird. Das Tageslicht läßt den Schaum verwittern, wodurch ein Geruch nach Menschenschweiß, Bär, Wolf und Luchs freigesetzt wird. Reh- und Rotwild schrecken davor zurück und meiden die markierte Zone. Tests ergaben, daß 60 Prozent des Rotwildes durch den Duftzaun aufgehalten, bzw. umgelenkt werden. Hasen, Füchse und Wildschweine ließen sich jedoch von dem Raubtier- und Menschengestank nicht beeindrucken. Selbst schuld. Werden sie halt weiter plattgemacht. Karl Wegmann