Was für ein blöder König

■ In den verdorbenen Gassen des Reiches

Wer hätte das gedacht, unser allerliebster Schamoni-Rocko-König ist einsam. Er sitzt »auf dem Dach des Mercedes-Hochhauses in einem Campingsessel«. Weit reicht von dort der Blick über St. Pauli. Dort lebt sein Volk, er aber denkt nur ans Abfackeln und fühlt sich wie Nero. »Ich glaube, Nero liebte Rom.« Nero reimte auch, sang und spielte auf der Lyra.

Rocko muß dagegen mit diversen Studiomusikern und von kalter Technik umgeben den Liebeschef machen und kann sich noch nicht einmal mehr unter seinem Sombrero verbergen. »Disco« heißt die Devise. In »Farm Extrem« wurde seine Begleitband umgetauft. Was für ein blöder Name, wird sich Rocko da gedacht haben.

Aber wie ein König halt so ist, findet er einen würdigen Weg selbst auf den verdorbensten Gassen seines Reiches. Wenn die Leute Disco wollen, gibt er ihnen Schlager mit Humpelbeats zum besten. Die haben seltsam modische Titel, so wie Sexy, Körpersex und Nackt in Las Vegas. Für einen König muß er sich dabei sehr oft ausziehen und seine Gefühle an den Tag legen, aber das haben Graf Gildo und Meister Marcus ja bereits in den letzten Monaten in der Boulevardpresse vorexerziert. So weit hat die Industrie King Rocko nicht herumgekriegt: »Candy wollte ein Kind von mir, doch ich sagte nein«, sauber bleiben war schon sein Motto, als er noch Wrangler trug und langgelockte Haare hatte. Da gibt es nichts in seiner schmutzigen Wäsche, wonach sich das Wühlen lohnte.

Dafür trägt Rocko endlich einmal seine größten Bekenntnisse vor: »Du wählst CDU / Darum mach ich Schluß« — bravo — »Freiheit für dich, Freiheit für mich / Und für die Welt (und für die Welt)« — super — »Die süßesten Früchte fallen irgendwann vom Baum / Ich wünscht, sie könnten ewig hängen« — gleich bringe ich mich um. Rocko, du willst doch wohl nicht wirklich ganz und gar die Nachfolge von Udo Lindenberg antreten, auch wenn du dich gerade seiner Galaxo Gang-Platte bedenklich näherst. Du willst doch nicht mit »Nina«, der 14jährigen pennen, das weiß ich ganz genau, aber warum klingt »Disco« wie ein verregneter Tag mit zuviel Hasch im Tee? Wenn du als König abdanken willst, dann geh doch lieber den Weg von Neil Young, such dir eine kleine Blockhütte bei Niebüll und mach', was alle in deinem Alter tun würden: Heirate, denn »A Man needs a Maid«. Dann wird alles wieder gut. Bis dahin vergiß nicht: Wir mögen dich doch alle, und St. Pauli steigt nächstes Jahr ganz bestimmt wieder auf. Harald Fricke und alle deine Fans in der taz

Am Sonntag, den 29. 9. um 21 Uhr im Ecstasy