Polizeiknüppel für Pressefotografen

■ Prozeß gegen drei Polizisten wegen Körperverletzung/ Opfer waren am 1.5.90 zwei Fotografen

Moabit. Vor dem Moabiter Amtsgericht begann gestern der Prozeß gegen zwei Polizeiobermeister und einen Oberkommissar, die am 1. Mai 1990 zwei Pressefotografen mit ihren Holzknüppeln aufs schwerste mißhandelt haben sollen: die beiden freien Fotografen Sabine Sauer und Detlev Konnerth, die in jener Nacht im Auftrag des 'Stern‘ unterwegs waren.

Bei dem Versuch, gegen 22.30 Uhr an der Skalitzer-/Ecke Mariannenstraße eine Festnahme zu fotografieren, wurde Konnerth von Knüppeln so übel zugerichtet, daß er mehrere große Platzwunden am Kopf, eine Gehirnerschütterung, Prellungen und Schürfwunden an Schultern und Armen davontrug. Seine Kollegin Sauer wurde so zusammengeschlagen, daß sie kurz ohnmächtig wurde. Die drei Angeklagten bestritten die Vorwürfe. Bei dem Polizeiobermeister Andreas L. scheint die Beweislage jedoch relativ eindeutig. Er wurde gestern nicht nur von Sabine Sauer und einem dritten Pressefotografen schwer belastet: Ein Foto zeigt Andreas L. mit erhobenem Knüppel, der gerade auf Konnerth niederzusausen scheint.

»Er hat richtig wuchtig zugeschlagen«, schilderte der Fotograf Stefan Doblinger, wie Andreas L. auf Konnerth einhieb. Er stand eigenen Angaben zufolge fünf bis sechs Meter neben dem Geschehen. Den ersten Schlag des Polizisten sah er, den zweiten bannte er auf Platte.

Die Verteidiger interpretierten den Knüppel in der Hand als eine versuchte Festnahmeaktion. So hatte auch Andreas L. das Foto erklärt: Er sei von hinten an Konnerth herangetreten und habe versucht, ihn zur Seite zu schieben, weil er für ihn für einen Demonstranten hielt. Plötzlich habe sich der Mann umgedreht und ihm mit einem Gegenstand das Visier vom Helm hochgeschlagen. Da habe er ihn am Rucksack gepackt und festgenommen. In diesem Moment sei eine Frau hinzugestürzt und habe versucht den Mann zu befreien. Weder Konnerth noch Sauer hätten sich als Pressevertreter zu erkennen gegeben.

Konnerth und Sauer verwiesen gestern demgegenüber darauf, daß sie große Schilder mit der Aufschrift Presse umgehängt hatten und laut »Presse« gebrüllt hätten. Auch Doblinger und ein 'Morgenpost‘-Journalist hatten eigenen Angaben zufolge immer wieder »Presse« gerufen.

Für Andreas L. steht in diesem Prozeß, der am kommenden Montag fortgesetzt wird, der Polizeiberuf auf dem Spiel: Er soll bereits wegen Körperverletzung im Amt vorbestraft sein. plu