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Große Gesten und Grimassen

Mit „Tanz in den Wolken“ (15.03 Uhr) startet EinsPlus eine Reihe mit fünf Filmen des US-Komikers Steve Martin  ■ Von Harald Keller

Wenn man ausgerechnet in einem Ort namens Wacko (wacko = verrückt) zur Welt kommt und zwischen dem zehnten und achtzehnten Lebensjahr im Disneyland-Vergnügungspark als Verkäufer von Schrumpfköpfen aus Gummi und inwendig beleuchteten Totenköpfen gearbeitet hat, bleiben eigentlich nur noch zwei Dinge: Entweder man läßt sich einweisen, oder man wird Komiker.

Der 1945 geborene Steve Martin entschied sich für letzteres, nachdem er auf dem College in die Philosophie hineingeschnuppert und anschließend Theaterwissenschaften studiert hatte. In den Vereinigten Staaten gibt es den honorigen Berufsstand des „stand-up comedian“, und diesen erwählte sich der junge Martin. Mit einem Programm aus Zauberkunststücken und Sketchen zog er durch die Nachklubs, eine harte, aber sinnvolle Ochsentour, auf der ein Nachwuchskomiker die nötige Routine erwerben kann und ein Gespür dafür entwickelt, was ankommt beim Publikum.

Steve Martin hatte Talent genug, um beim Fernsehen Anstellung zu finden. 1969 tauchte er als Sketchpartner in der Johnny Cash Show auf und bekam, gemeinsam mit seinem Koautoren, im selben Jahr bereits den ersten von drei „Emmies“ für seine Textbeiträge zur seiner Zeit wegen linker Tendenzen berüchtigten Smothers Brothers Comedy Hour. Er gastierte in den Shows bekannter Kollegen, bevor er 1984 bei der Sitcom „Domestic Life“ selber Produktionsaufgaben übernahm. 1986 kreierte Martin mit „Leo & Liz in Beverly Hills“ quasi eine Vorstudie seines aktuellen Films L. A. Story und fungierte als Autor, Koproduzent und Regisseur der kurzlebigen Serie.

Mit dem Kurzfilm The Absent- Minded Waiter und Auftritten in den Musikfilmen The Kids Are Alright und Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band hatte sich Martin bereits 1978 dem Kino zugewandt. Seither ist er mit schöner Regelmäßigkeit mindestens einmal pro Jahr auf der Leinwand zu sehen. Allerdings garantiert seine Mitwirkung nicht automatisch einen guten Film.

Der privat eher zurückhaltende Schauspieler neigt zu Übertreibungen im Bemühen um komisches Mienenspiel. Mögen auf der Bühne große Gesten und heftiges Grimassieren mitunter nötig sein, um den Abstand zum Publikum zu überbrücken, so erfordert die Nähe der Filmkamera eine behutsamere Mimik. Hollywood-Routiniers wie Herbert Ross, Arthur Hiller oder der nicht mit seinem Sohn Rob zu verwechselnde Carl Reiner wissen das — sie nahmen ihre Star an die Kandare und schufen ganz passable Filme.

Herbert Ross inszenierte das tragikomische Musical Tanz in den Wolken (Pennies from Heaven), mit dem der ARD-Kabelableger EINSplus seine fünfteilige Steve-Martin-Reihe heute eröffnet. Martin ist hier als trauriger Notenverkäufer im Chicago der 30er Jahre zu sehen. Kraft seiner Phantasie münzt der notorische Pechvogel seine permanenten Mißerfolge um zu triumphalen Auftritten nach Art umjubelter Revuestars. Das auf humorvolle Art pessimistische Singspiel blieb an der Kinokasse erfolglos, was nicht unbedingt Rückschlüsse auf seine Qualität zuläßt.

Einen Kassenrenner landeten Martin und Regisseur Carl Reiner mit Tote tragen keine Karos, einer liebevollen Hommage an den Film noir. Beide schrieben das Buch und agieren auch vor der Kamera, wo sie in einer finsteren Spionagestory dank geschickter Montagetechnik Hollywoodlegenden wie Humphrey Bogart, Alan Ladd, Barbara Stanwyck, Lauren Bacall und andere begegnen.

Die Leiden eines New Yorker Singles sind Gegenstand der Komödie Ein Single kommt selten allein. Die Tücken beim Einkauf im Supermarkt, wo vornehmlich Familienpackungen angeboten werden, wie auch die Probleme bei der Partnersuche inspirieren Larry Hubbard (S. Martin) zu einem Ratgeber für Singles. Der wird prompt zum Bestseller, worauf sich die Lebensumstände des geplagten Stadtneurotikers nachhaltig ändern. Steve Martins Partner in dieser Burleske ist Charles Grodin, der seinerseits als Drehbuchautor verantwortlich zeichnet für Achtung, Dinosaurier!. Vincent Gardenia, Walter Matthau und Grodin selbst sind die Stars dieser Film-im-Film-Geschichte aus dem Jahr 1985, in der eine ganze Riege von Hollywoodgrößen bei dem Vorhaben versagt, ein erfolgreiches Buch leinwandgerecht umzusetzen.

Auch die als Schlußlichtspiel plazierte Komödie Drei Amigos nimmt nostalgisch Bezug auf glorreiche Hollywoodjahre. Drei Westernfilmhelden, gespielt von Steve Martin, Chevy Chase und Martin Short, geraten durch ein Mißverständnis mit echten Banditen aneinander. Zunächst flattern ihnen die Kostümhosen vor Angst, dann aber stellen sie sich mannhaft der ungewohnten Herausforderung. Sowohl von Regisseur John Landis wie auch von seinen Darstellern war schon besseres zu sehen; die mißlungene Parodie kann getrost versäumt werden.

Weitere Sendetermine:

„Tote tragen keine Karos“ — 8.Oktober

„Ein Single kommt selten allein“—15. Oktober

„Achtung, Dinosaurier!“ — 22.Oktober

„Drei Amigos“ — 29. Oktober

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