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Es lebe das Hochhaus am Alex!

■ Die 10. Sitzung im »Stadtforum«: Kommen nun nach den Bouletten am Potsdamer Platz die langen Spargel am Alex? Die östliche City ist kein Regierungsviertel, sondern »bürgerliche Mitte«/ »Weiterbau« statt Abriß der Stadt wird gefordert

Mitte. »Das Hochhaus am Potsdamer Platz ist tot. Es lebe das Hochhaus am Alexanderplatz!« Zweifellos ist der Ausruf des Berliner Architekten Gerd Neumann auf der 10. Runde des »Stadtforums«, das über die Zukunft der östlichen City und den Wettbewerb zum Potsdamer und Leipziger Platz diskutierte, mehr als nur bittere Ironie, hat doch der Westteil der Stadt an seiner Grenze zu Ost- Berlin — am Potsdamer Platz — gerade ein nettes städtebauliches Modellchen erhalten (die taz berichtete), das übrigens so harmlos nicht ist, wie es ausschaut.

Beispielsweise zwingt der Entwurf zu einer hohen Nutzungsdichte. Der Verkehr ist miserabel geregelt. Er schneidet am Kulturforum den zentralen Bereich weiterhin in zwei Teile. Die Blöcke liegen wie steinerne Saurier beieinander. Und schließlich verlegten die Architekten Hilmer und Sattler die U-Bahn, obwohl diese bereits im Bau ist: das kostet. Immerhin, die Hochhäuser sind vom Tisch. Werden sie nun im Ostteil der Stadt wiedergeboren, weil der schicke Westen »keine Experimente« (Volker Hassemer) will?

Die städtebauliche Entwicklung zwischen Brandenburger Tor und Alexanderplatz bedarf einer ebenso sorgfältigen Planung und Diskussion wie die am Potsdamer Platz: Damit auf dem vermeintlichen »Hinterhof« Berlins, so der Stadtplaner Edvard Jahn, nicht getrieben wird, was wo anders nicht geht, sei eine »Rahmenplanung« notwendig.

Für den kleinsten Berliner Bezirk, den die Begehrlichkeiten der Wirtschaft, der Olympiade und der Regierung zu überrollen drohen, müsse garantiert werden, daß er von den Bürgern der Stadt weiter genutzt werden könne. Die Bewohnbarkeit, sein bautypologischer Charakter und seine Topographie sollten sichtbar bleiben wie »spezifische Orte eines städtischen Archipels«.

Die ruinösen Quartiere, beispielsweise die Spandauer Vorstadt, seien instand zu setzen. Statt eines Regierungsviertels im Zentrum plädierte Jahn für eine »bürgerliche Mitte«, in der das Rathaus mit Marktplatz und Kirche wieder symbolischer und architektonischer Mittelpunkt sind — übrigens eine nostalgische Vorstellung, die uns leicht einen zweiten Frankfurter Römerberg bescheren könnte.

Doch das östliche Stadtzentrum sieht sich der Gefahr ausgesetzt, nicht nur zu behutsam erneuert, sondern gewaltsam umgebaut und modernisiert zu werden. Regierende Politiker, so Dorothee Dubrau, Baustadträtin im Bezirk Mitte, und Gerd Neumann, würden nicht den existierenden Stadtgrundriß und dessen Bebauung zum Ausgangspunkt ihrer »räumlichen Wahrnehmung« nehmen, sondern sähen auch gerne »großstädtische Hauptstadtarchitektur« (Fritz Neumeyer) — was immer das auch heißen mag — auf den Rudimenten der einstigen sozialistischen Metropole.

Dem Palast der Republik droht dabei ebenso der Abriß wie dem Marx- Engels-Forum und dem ehemaligen Außenministerium der DDR. Der derzeitige Zustand des Alexanderplatzes in seiner »Kaputtheit und Verfremdung« animiere geradezu zur Architekturspielwiese für Investoren zu werden, wenn nicht sorgfältig geplant werde, erinnerte Jahn. Weiterbau und Verdichtung statt Abriß und Neubau stünden an.

Die »Torsituation des Alex«, wie Jahn sich die zukünftige Funktion des Platzes als Raum vor der »bürgerlichen Mitte« vorstellt, müsse erkennbar sein, aber sich zugleich in die Stadt integrieren.

Rolf Lautenschläger

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