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Portugal bleibt sozialdemokratisch

■ Sozialisten zweitstärkste Partei ohne Einfluß/ Starke Einbußen für Linksbündnis und Christdemokraten/ Premier Cavaco Silva vor schweren wirtschaftspolitischen Entscheidungen

Lissabon (ap/afp/taz) — Bei der Parlamentswahl in Portugal hat die regierende rechtsgerichtete Sozialdemokratische Partei (PSD) ihre absolute Mehrheit noch weiter ausgebaut. Dem gestern morgen in Lissabon bekanntgegebenen vorläufigen Endergebnis zufolge erhielt die Partei von Ministerpräsident Anibal Cavaco Silva 50,4 Prozent der Stimmen nach 50,2 Prozent vor vier Jahren. Ein Drittel der portugiesischen Stimmberechtigten fand jedoch offensichtlich weder Cavaco Silvas Sozialdemokraten noch dessen Konkurrenten überzeugend genug: 32Prozent blieben den Urnen fern. Bei den letzten Parlamentswahlen im Juli 1987 waren 22,3 Prozent der Wahlberechtigten zu Hause geblieben.

Die PSD wird voraussichtlich über 132 von insgesamt 230 Sitzen im portugiesischen Parlament verfügen.

Die Sozialisten (PS) können mit 71 Sitzen zwar weiterhin den Titel „stärkste Oppositionspartei“ beanspruchen, ihr Vorsitzender Jorge Sampaio sah darin angesichts eines Stimmenergebnisses von 29,3 Prozent wenig Anlaß zur Freude. Obwohl seine Partei im Vergleich zu den Wahlen 1987 über sieben Prozent dazugewann, zeigte sich Sampaio enttäuscht über ihr Abschneiden. Trotzdem habe das Ergebnis bestätigt, daß die PS „die einzig mögliche Alternative zu der PSD-Regierung ist“.

Auch das Linksbündnis CDU war mit seinem Abschneiden nicht zufrieden. Die CDU, der die Kommunisten, die Grünen und die kleine linksextreme UDP angehören, sackte von 12,4 Prozent auf knapp neun Prozent ab. Der Vorsitzende der Kommunistischen Partei, der Altstalinist Alvaro Cunhal, erhielt damit die Quittung dafür, daß er den Putsch in Moskau begrüßt hatte. Er schob das schlechte Abschneiden seiner Partei auf eine „Kampagne gegen die Kommunisten“. Ein anderer Wahlverlierer, Diego Freitas do Armaral, zog aus dem Wahldebakel seiner christlich-sozialen CDS die Konsequenzen und trat als Parteichef zurück. Die CDS hatte 4,4 Prozent der Wählerstimmen erreicht.

Cavaco Silva hatte die Wahl zu einem Referendum über seine Regierung gemacht, indem er vor dem Urnengang mit dem Rücktritt seiner Regierung drohte, wenn sie nicht wieder eine ausreichende parlamentarische Mehrheit erhalte. Mit dieser Mehrheit im Rücken ließ es sich auf einer Pressekonferenz nach dem Wahlsieg leichter eingestehen, was während des Wahlkampfes kein Thema war: Cavaco Silva räumte ein, daß seiner Regierung schwere Zeiten in der Wirtschaftspolitik bevorstünden. „Wir haben große Herausforderungen vor uns. Die internationale Lage ist sehr kompliziert, und uns werden grundlegende Entscheidungen abverlangt werden.“

Wirtschaftsexperten haben Portugal ein deutlich verlangsamtes Wirtschaftswachstum vorausgesagt und von der Regierung eine strikte Sparpolitik zur Eindämmung der Staatsausgaben gefordert.

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