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Treuhand: KoKo voll unter Kontrolle

Treuhand-Manager mag keine Seilschaften aus Schalcks Schattenreich ausmachen/ War KoKo Staats- oder Parteieigentum?  ■ Aus Bonn Th. Scheuer

94 Firmen der „Kommerziellen Koordinierung“, jenes weitverzweigten Netzwerkes des ehemaligen DDR-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski, sind heute noch geschäftlich aktiv. Sie stehen dabei vollständig unter Kontrolle der Treuhand. Dies erklärte der Leiter des Sonderbereiches Außenhandelsbetriebe der Treuhand, Hinrich Strecker, am Mittwoch als Zeuge vor dem Schalck-Untersuchungsausschuß des Bundestages in Bonn. Alte Seilschaften mag Strecker unter den Verwaltern des KoKo- Nachlasses „nicht erkennen“.

Demgegenüber kritisierten Ausschußmitglieder, daß etwa die enge Schalck-Vertraute, KoKo-Abteilungsleiterin und MfS-Angehörige Waltraud Lisowski noch bis Sommer dieses Jahres unter den Augen der Treuhand führend in der KoKo-Auffanggesellschaft Effect GmbH tätig war. Dazu erklärte der Treuhand- Manager, die hochrangige Schalck- Dame sei wegen ihres „unverzichtbaren Know-hows“ anfangs als Mitarbeiterin und „Informationsquelle“ für die Treuhand wichtig gewesen. Mittlerweile sei Frau Lisowski aber entlassen worden — zum 30. September dieses Jahres, wie Strecker auf Nachfrage einräumte. Schalck selbst übe keinen Einfluß mehr auf die KoKo-Erbmasse aus.

In Widersprüche verstrickte sich Strecker bei der Frage, welche KoKo-Teile rückblickend dem Staatsvermögen der DDR und welche dem Parteivermögen der SED zuzuordnen seien. Staatseigentum der ehemaligen DDR fällt automatisch der Treuhand und damit der Bundeskasse zu, für Eigentum der ehemaligen Blockparteien ist eine unabhängige Parteienkommission zuständig. Treuhandmann Strecker klassifizierte vor dem Ausschuß das gesamte KoKo-Firmenimperium als DDR-Staatsvermögen. Diese Bewertung werde auch von der Parteienkommission mitgetragen. Dieser Aussage widersprach gegenüber der taz jedoch Kommissionsmitglied Reinhard Krämer vom Bündnis90/ Grüne. Krämer zufolge berät die Kommission zur Zeit, inwieweit bestimmte KoKo-Firmen in ihre Zuständigkeit fallen und von ihr übernommen werden müssen.

Tatsächlich deuten mehrere Indizien darauf hin, daß es sich bei einigen der Schalcks KoKo unterstellten Unternehmen um Parteifirmen der SED handelt. Einzelne KoKo-Firmen führten ihre Gewinne in „disponible Fonds“ der SED ab. Und der von Waltraud Lisowski geführte KoKo-Bereich hieß wohl auch nicht umsonst „Abteilung Parteifirmen“.

Die Obfrau der Gruppe PDS/ Linke Liste im Schalck-Ausschuß, Andrea Lederer, beantragte gestern die Vorladung des ehemaligen Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth. Sie bezog sich auf bisher unveröffentlichte Akten aus dem ehemaligen Zentralen Parteiarchiv der SED, welche neue Erkenntnisse über Verbindungen bundesdeutscher Politiker zu Schalck enthielten.

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