: Fehlende Spielpraxis und Kaltstart
■ Boris Becker schied im Viertelfinale des Turnieres von Tokio gegen Derrick Rostagno aus
Tokio (dpa) — „Nach meiner fünfeinhalbwöchigen Pause bin ich mit meiner Leistung zufrieden. Ich habe drei gute Spiele hier abgeliefert, ich fühle mich fit, meine Beine, mein Rücken sind in Ordnung“, bilanzierte Boris Becker nach der 6:7 (4:7), 6:4, 3:6-Niederlage gegen Derrick Rostagno (USA) beim Hallen-Tennisturnier von Tokio. Ebenfalls ausgeschieden ist auch Andre Agassi (USA), der beim 3:6, 4:6 gegen Goran Ivanisevic (Jugoslawien) chancenlos war.
Wie schon im Achtelfinale gegen den Japaner Matsuoka mußte der 23jährige Deutsche 2:29 Stunden kämpfen und erwischte wieder einen schlechten Start. Der an Nummer sieben gesetzte Amerikaner nahm ihm gleich im ersten Spiel den Aufschlag ab. „Manchmal bin ich am Anfang gut drauf“, meinte Becker, „manchmal nicht. Heute war's mal wieder ein Kaltstart.“ Der dauerte bis zum sechsten Spiel. Mit einem Return-As bei 15:15 leitete die Nummer zwei der Weltrangliste sein Re- break zum 3:3 ein. Von diesem Zeitpunkt an war das Spiel ausgeglichen. Mit einem kleinen, aber wichtigen Unterschied, den Becker nach dem Match so beschrieb: „Ich habe die wichtigen Punkte einfach nicht gemacht. Ich glaube, das hat etwas mit der fehlenden Spielpraxis zu tun.“
Die Analyse Beckers trifft sowohl auf den mit 7:4 verlorenen Tie-break im ersten Satz zu wie auch auf die entscheidenden Szenen im dritten Durchgang. Rostagno schlug immer dann hervorragend auf oder spielte exakt plazierte Volleys, wenn Becker ihn unter Druck setzte. „Ich war hoch motiviert“, erklärte der 22. der Weltrangliste lächelnd nach dem Spiel. „Ich habe zwei Jahre lang auf diese Revanche für die US-Open gewartet, und Boris wußte das.“
Der Amerikaner bezog sich auf das letzte Aufeinandertreffen der beiden Spieler, die sich privat sehr gut verstehen: Rostagno lag bei den US-Open in Flushing Meadow 1989 nach Sätzen mit 2:0 in Führung und servierte zum Match, als ein Netzroller des eigentlich schon geschlagenen Deutschen unerreichbar in sein Feld tropfte. Rostagno war so perplex, daß er das Match in fünf Sätzen gegen Becker, der in New York danach seinen ersten US-Open-Titel gewann, noch verlor.
Die Entscheidung vor den 7.500 Zuschauern in der Tokioter Sporthalle fiel im achten Spiel des dritten Satzes. Becker ging mit 30:0 in Führung, machte dann jedoch einen Doppelfehler. „Ich hatte bis dahin sehr gute zweite Aufschläge. Ich führte und wollte was riskieren, Aufschlag Volley. Aber das hat nicht geklappt.“ Danach folgten zwei Punkte, die Becker als „etwas komisch“ beschrieb, ein Netzaufsetzer ins Aus und ein Rückhandschmetterball, den der Schiedsrichter im Aus sah. Becker: „Ich weiß nicht, warum der plötzlich overruled hat. Vorher hat er geschwiegen.“ Doch für das endgültige Break zum 5:3 für Derrick Rostagno sorgte Boris Becker selbst, mit einem Doppelfehler. Der Rest war Formsache. Zu null ging das letzte Spiel an den 25jährigen Amerikaner.
Optimistisch sieht Becker dennoch seinen weiteren Turnieraufgaben entgegen: „Ich habe auch heute gut gespielt. Ich werde in Stockholm und Paris spielen und da sicherlich noch ein paar Matches gewinnen.“ Auf die Frage, wann er Stefan Edberg denn wohl wieder an der Weltranglistenspitze ablösen werde, meinte Becker: „Daran denke ich im Moment nicht, ich war's ja schon zweimal. Für mich steht im Vordergrund, daß ich fit bleibe und ein paar Turniere hintereinander spielen kann. Ziel Nummer eins ist, ich will das beste Tennis spielen, zu dem ich fähig bin.“
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