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Das Schweigen der Adler

New York (dpa/taz) — In den Rocky Mountains, vor allem in den amerikanischen Bundesstaaten Wyoming und Colorado, haben Angestellte der Naturschutzbehörden in den letzten Monaten Hunderte von toten Adlern gefunden, die illegal abgeschossen oder vergiftet waren.

Verantwortlich für den Raubvogelmord sind nach Angaben der Behördensprecher allem Anschein nach Schafhalter dieser Regionen, die in eine wirtschaftliche Krise geraten sind und deshalb weit entschiedener als früher ihre Entschlossenheit durchsetzen, den Adlern auf keinen Fall ihre Lämmer zu überlassen.

Der Bestand an Weißkopf- und an Goldadlern könnte nach Überzeugung der Naturschützer ernsthaft gefährdet werden, wenn der rücksichtslose Vernichtungsfeldzug nicht unterbunden wird.

In den meisten Gebieten Amerikas gibt es längst keine Adler mehr, weil die Farmer sie für Räuber hielten und ihnen mit allen Mitteln nachstellten. Auch in den unwirtlichen Rocky Mountains, wo die Schafzucht der Haupterwerb der meisten Landwirte ist, waren die Bestände immer weiter zurückgegangen, bis 1970 der Einsatz von DDT als Ködergift verboten wurde. Trotzdem wurde festgestellt, daß viele der Greifvögel an diesem und anderen verbotenen Giften elend zugrunde gegangen waren.

In der Zeitung 'USA Today' äußerte sich Jim Magagna, der Präsident der amerikanischen Schafzüchterverbände, gegen die Tötung der Adler. Er ließ aber viele Möglichkeiten offen: „Sie sind nicht mit Absicht vergiftet worden, sondern haben wahrscheinlich Köder gefressen, die für Kojoten ausgelegt wurden.“ Damit ist dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet, denn die Vergiftung der Präriehunde ist in beiden Staaten legal, und die Farmer können natürlich immer sagen, ihre Köder seien für vierbeinige Räuber bestimmt gewesen.

Magagna behauptet, ein einziges Adlerpaar könne in einem Frühjahr bis zu hundert Lämmer schlagen. In dieser Jahreszeit, wenn in den riesigen Schafherden der Rockies die Lämmer zur Welt kommen, gibt es dort oft Hunderte von Adlern. Nach einer Schätzung des US-Landwirtschaftsministeriums fielen den Greifvögeln in diesem Jahre 17.000 Lämmer in die Fänge, die mehr als 600.000 Dollar wert waren.

Seit 1987 ist der Preis, den die Farmer für Schaffleisch erzielen, um 33 Prozent, der für Wolle sogar um 68 Prozent gefallen. Viele ihrer Sprecher wollen im nächsten Jahr, wenn der Kongreß in Washington die Liste der gefährdeten Tierarten revidiert, dafür kämpfen, daß der Weißkopfadler herausgenommen und wieder frei gejagt werden darf. Viele Chancen hätte der Vogel, das Wappentier der Vereinigten Staaten, dann nicht mehr.

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