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Die Erde vor dem Klima-Fieber retten

■ Das »Klimabündnis« veranstaltet die »Klimatage« in Berlin / Arzt warnt vor Kriegen um das lebensnotwendige Wasser/ Forderung des Bündnisses: Kohlendioxidausstoß bis 2010 halbieren

Berlin. Rettet die Atomkraft vor dem Öko-Kollaps? Das Klimabündnis beantwortet diese Frage deutlich mit »Nein«. Die Gruppe veranstaltet zur Zeit in Berlin die »Klimatage«. Vorträge und Seminare, Info-Märkte, Filmvorführungen und Diskussionen finden noch bis Mitte November statt. Motto: »Damit unser Klima nicht zur Katastrophe wird«.

Treibhauseffekt und Ozonloch sind seit Jahren in aller Munde, die Gefahren sind bekannt; eigentlich alles kein Thema mehr. Oder doch? Zögerliche Diskussionen um die Reduzierung von FCKW in Bonn und die Verkehrspolitik des Berliner Senats lassen das Gegenteil befürchten.

Die regierenden Politiker setzen weiter auf das Auto als Fortbewegungsmittel Nummer eins.Vor allem aber ist die »Klimakatastrophe kaum noch aufzuhalten, wenn der Kohlendioxid-Ausstoß nicht schnellstens drastisch reduziert wird«, so Till Bastian, Mitglied der Ärzte gegen den Atomkrieg.

»Die Erde im Klimafieber — mögliche Folge: Krieg«, war der Titel seines Vortrages in dieser Woche in der Humboldt-Universität. Vor gut sechzig entsetzten ZuhörerInnen warnte er vor der Kriegsgefahr, die die zunehmende Verarmung auf der südlichen Erdhalbkugel in sich berge.

Durch die Erwärmung der globalen Durchschnittstemperatur weiteten sich die Wüstenflächen immer weiter aus, das ansteigende Meer vernichte zusätzlich riesige fruchtbare Gebiete. Damit sei der Kampf um die verbleibenden Anbauflächen vorprogrammiert, ebenso Konflikte um die Nutzung der lebenswichtigen Flüsse.

»Die Golanhöhen sind Quellgebiet«, erklärte Bastian zur Besetzung der syrischen Gebiete durch die Israelis, ihnen könne nach dem von der UNO geforderten Rückzug »das Wasser binnen kürzester Zeit abgedreht werden«. Doch nicht nur regionale Kriege sind nach Meinung Bastians langfristig mögliche Folgen des Treibhauseffekts: »Wir dürfen uns nicht wundern, wenn die Menschen aus den Hungergebieten eines Tages wirklich in Massen in den Norden strömen.« Auf ein friedliches Miteinander könne dann kaum noch jemand hoffen.

Zudem werden die direkten Auswirkungen der ansteigenden Temperatur auch bald im Norden deutlich zu spüren sein, erwarten die Veranstalter der Klimatage. In ihrer Zeitung heißt es: »Doch auch die Länder Europas werden die Klimakatastrophe nicht in ‘Abschiebehaft‚ nehmen und ausweisen können, wie es mit den Menschen gemacht wird, die der Misere in ihrer Heimat, Unterdrückung oder Krieg zu entfliehen versuchen.«

Das Klimabündnis fordert daher die Halbierung der Kohlendioxid- Emissionen bis zum Jahr 2010, den sofortigen Stopp von Produktion und Verbrauch von FCKW sowie anderer klimagefährdender Gase und den Verzicht auf die Verwendung von Tropenholz bei kommunaler Beschaffung. Mitglieder des Bündnisses sind europäische Städte und die Koordination der indianischen Organisation Amazoniens. Im reichen Norden soll vor allem auf lokaler Ebene gegen Treibhauseffekt und Ozonloch vorgegangen werden.

Ohne ein rigoroses Umdenken in der Verkehrspolitik wäre die angestrebte Kohlendioxid-Reduzierung nicht machbar, denn die Autos gehören zu den Hauptverursachern.

»Deshalb ist auch die Behauptung falsch, daß Atomkraft gegen den Treibhauseffekt hilft«, kritisierte Bastian: »Schließlich können wir nicht in jeden Wagen einen kleinen Atomreaktor einbauen.« Die Argumentation der Stromwirtschaft bezeichnete er als »Volksverdummung«.

»Ein Deutscher verursacht in einem Jahr mehr Kohlendioxid als zwei Bangladeschis in ihrem ganzen Leben«, rechnete der Arzt vor, diese seien aber jetzt durch die klimabedingten Überschwemmungen die Opfer; »das ist das Brutale daran, das ist der Wahnsinn«. Christian Arns

Weitere Veranstaltungen der Klimatage:

Mittwoch, 30. 10., um 17 Uhr in der TU: Klimabündnis — (k)eine Herausforderung für die Hochschule?

Freitag, 1.11., um 18.30 Uhr im Kinosaal der Humboldt-Uni: Podiumsdiskussion »Berlin im Klima- Bündnis — und was nun?«

Samstag, 2.11., von 10 bis 17 Uhr in der Humboldt-Uni: Aktivseminar mit Arbeitsgemeinschaften zu den Themen Regenwald, Energie, Verkehr.

Samstag, 2.11., ab 20 Uhr: Tropische Nacht im Ökodorf

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