: Natur ist nicht gleich Öko
■ HerstellerInnen konventioneller Farben versuchen, VerbraucherInnen durch imitierte Umweltzeichen in die Irre zu führen/ Naturfarben sind aber auch nicht so »natürlich«, wie es den Anschein macht
Berlin. Nicht alle Farben und Lacke sind so umweltfreundlich, wie es die Hersteller ihrer Kundschaft einreden wollen. Auf den Farbdosen und Lacktöpfchen sind die unterschiedlichsten Emblem-Kreationen zu finden, die die Produkte als »umweltschonend« oder »umweltfreundlich« anpreisen. Dabei handelt es sich aber nur um eine irreführende Imitation des Umweltzeichens, das das Umweltbundesamt (UBA) zusammen mit dem Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung (RAL) und der Jury Umweltzeichen vor rund zehn Jahren herausgebracht hatte.
Auf der Suche nach Imitaten des Blauen Engels kam die Berliner Firma Emaco mit ihrer Dispersionsfarbe »Super Star Weiß« dem gesetzlich geschützten Zeichen am nächsten. Anstatt des »Blauen Engels«, umrahmt von einem Lorbeerkranz, befindet sich in der Mitte des selbstentworfenen Emblems ein grünes Bäumchen. Rundherum ist »umweltschonend, von Haus aus« zu lesen.
Der Umweltreferent Harald Neitzel beim Bundesumweltamt bestätigte, daß die kreierten Zeichen den VerbraucherInnen suggerieren sollen, das Produkt sei umweltfreundlich. Dabei legten es die Hersteller darauf an, daß die KundInnen die falschen Zeichen mit dem einzig gesetzlich geschützten verwechselten. »Wir können gegen den Hersteller keine rechtlichen Schritte einleiten«, erklärte Neitzel. Das Umweltbundesamt könne den Produzenten höchstens darum bitten, die Imitation nicht mehr zu verwenden. Daß die Strategien der Unternehmen ihre Wirkung zeigten, habe ein Umfrage vor drei Jahren ergeben. Rund 75 Prozent der Befragten glaubten, die imitierten Zeichen seien gesetzlich geschützt.
Aber auch die Naturfarben, die ausschließlich mit Naturprodukten hergestellt werden, können gesundheitsschädlich sein. So seien zum Beispiel die als Lösungsmittel verwendeten Balsamterpentin-Öle und Citrusschalen-Öle Auslöser von Hautallergien. Axel Wissmann, Lebensmittelchemiker beim Beratungs- und Analyse-Verein für Umweltchemie (B.A.U.C.H.) konnte bestätigen, daß die Naturlösemittel Allergien, die sogenannte Malerkrätze, hervorrufen könnten. »Diese Argumente tauchen immer wieder auf«, hielt Michael Oehl, Inhaber der Naturfarben-Firma Atropos, dagegen. Erst wenn jemand Balsamterpenten-Öl täglich und über Jahre zum Reinigen der Hände benutze, so wie es früher die Maler taten, könnte das schädlich sein. Oehl ärgerte sich, daß die Naturfarben leicht mit Produkten ohne Blauen Engel gleichgesetzt würden. »Die Kunden sehen, daß kein Umweltzeichen verliehen wurde und denken, daß die Farbe genauso schädlich ist wie die herkömmlichen.« Naturfarben lägen außerdem schon unterhalb der festgesetzten Schadstoffgrenze.
Dagmar Saurbier, Umweltberaterin in der Verbraucherzentrale, sagte, daß sich die VerbraucherInnen genau anschauen sollten, was auf den Dosen steht. »Das Umweltzeichen garantiert nicht, daß die Produkte schadstofffrei sind«, so Saurbier. Es garantiere nur, daß der Lösemittelanteil in Lacken auf maximal 10% reduziert worden sei. Sie rate den VerbraucherInnen, möglichst unschädliche Farben zu kaufen und mit diesen sparsam umzugehen.
Das meinte auch ein Mitarbeiter im Laden Propolis Naturwerkstoffe. Dort können die VerbraucherInnen ihre Farben selbst zusammenmischen. Die Rezepte werden gleich mitgeliefert. »Die Leute müssen sich mehr Zeit nehmen als bei den herkömmlichen Farben, die leichter zu verarbeiten sind und schnell trocknen. Aber wenn jemand seine Farbe einmal selbst gemischt hat, geht er oder sie nie wieder in einen Baumarkt oder kauft Naturfarbe«, ist er überzeugt. Doch allein vom Verkauf der Grundstoffe könne der Laden auch nicht existieren. Susanne Landwehr
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