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Serben lassen EG-Konferenz platzen

■ Milosevic ist nicht bereit, auch die entgegenkommende Haltung der EG in bezug auf die serbischen Minderheiten in Bosnien und Kroatien zu honorieren / Montenegriner wollen nicht mehr kämpfen

Den Haag/Belgrad (afp/taz) — Die EG-Vermittlungsversuche im jugoslawischen Bürgerkrieg haben am Freitag einen erneuten Rückschlag erlitten. Nach nur eineinhalbstündigen Beratungen wurde eine Sitzung der Friedenskonferenz in Den Haag ergebnislos beendet, die von den Vertretern des serbischen Blocks im jugoslawischen Staatspräsidium boykottiert worden war. Der erneuerte EG-Kompromißvorschlag, den der Vorsitzende der Konferenz, Lord Carrington, den Konfliktparteien vorgelegt hatte, fand wiederum keine Zustimmung des serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic. Das Parlament Montenegros, bisher eindeutiger Verbündeter Serbiens, stimmte in der Nacht zum Freitag hingegen dem EG-Plan zu. Während in den kroatischen Krisengebieten die Kämpfe unvermindert andauerten, setzte sich damit der Zerfall des südslawischen Vielvölkerstaates auch auf politischer Ebene fort. Die Serben in Bosnien-Herzegowina gründeten ein eigenes Parlament und wollen nur noch den Anweisungen der serbisch dominierten Bundesorgane Folge leisten.

Die EG hatte den Bürgerkriegsparteien einen neuen Entwurf für eine Beilegung des jugoslawischen Konflikts vorgelegt, der einen lockeren Verbund der Teilrepubliken und besondere Rechte für nationale Minderheiten vorsah. Dabei war im Vergleich zum Vorschlag aus der vergangenen Woche nicht nur eine Freihandelszone, sondern eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Republiken vorgesehen. Milosevic, der den ersten Vorschlag in der vergangenen Woche abgelehnt hatte, äußerte auch am Freitag „Vorbehalte“ gegenüber dem neuen Vorschlag. Unter anderem bemängelte Milosevic, daß das Wort „Jugoslawien“ in dem Entwurf nicht vorkomme. An der kurzen Sitzung der EG-Konferenz nahmen lediglich die Präsidenten und Außenminister der sechs jugoslawischen Teilrepubliken, der offizielle Staatspräsident Stipe Mesic, der Vertreter Mazedoniens im Staatspräsidium, Vasil Tupurkovski, der jugoslawische Ministerpräsident Ante Markovic sowie der jugoslawische Außenminister Budimir Loncar teil. Der serbische Block im jugoslawischen Staatspräsidium dagegen nicht.

Proteste gegen Zerstörung Dubrovniks

Die internationale Kritik an der drohenden Zerstörung des historischen Stadtkerns von Dubrovnik, der von der UN-Kulturorganisation UNESCO zum Kulturerbe der Menschheit erklärt wurde, nahm unterdessen zu. Nachdem US-Außenministerium forderten auch der Präsident des Europarlaments, Enrique Baron Crespo, und der UN-Emissär Prinz Sadruddin Aga Khan die Beendigung der Kämpfe um die kroatische Hafenstadt. In Dubrovnik wurden vor allem die Hotels Excelsior und Libertas sowie der Hafen von Grus und die Wohnviertel von Zlatni Potok getroffen. Stadtverordnete von Dubrovnik, EG-Beobachter und Armeevertreter sollten am Freitag im benachbarten Cavtat zusammenkommen, um erneut über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Am Freitag morgen wurde auch Osijek in Slawonien wieder von serbischen Truppen angegriffen, in Vukovar sei die Nacht über gekämpft worden.

Montenegriner wollen nicht mehr kämpfen

Das montengrinische Parlament begrüßte auf einer turbulenten Sitzung in der Nacht zum Freitag die EG- Friedensvorschläge. Der Präsident Montenegros, Momir Bulatovic, hatte bereits am vergangenen Freitag auf der Friedenskonferenz in Den Haag dem EG-Plan zugestimmt und damit deutlich Abstand von Serbien genommen. Bulatovic betonte gegenüber den protestierenden pro- serbischen Abgeordneten im Parlament, eine gute montenegrinische Regierungspolitik könne nicht allein daran gemessen werden, ob sie mit der serbischen Linie übereinstimme. Dann könne auf eine eigene Regierung in Montenegro auch verzichtet werden. Die Wende der Führung in Titograd hängt vor allem mit dem verstärkten Einsatz montenegrinischer Reservisten im Krieg in Kroatien zusammen. Bulatovic sagte in einem Interview, die Montenegriner könnten nicht „allein an Stelle der serbischen Deserteure“ in den Krieg ziehen. Offiziellen Angaben zufolge sind bisher 50 Montenegriner gefallen, Hunderte wurden verletzt.

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