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Scharfe Proteste der Gegner der Madrider „Kompromißkonferenz“

Beirut/Damaskus (afp) — „Verrat“, „Schwarzer Tag für die palästinensische Sache“, „Gipfel der Kapitulation“, „Kriegserklärung gegen den Islam“ — solchermaßen lauten die Bezeichnungen der radikalen Gegner der Madrider Nahostkonferenz, seien es nun iranische Fundamentalisten, jordanische Moslembrüder oder prosyrische Palästinensergruppen.

Der Wortführer der islamischen Radikalfundamentalisten in Iran, Hodschatoleslam Ali Akbar Mochtaschemi, richtete gar eine Morddrohung gegen die Konferenzteilnehmer. Diese seien „zum Tode verurteilt“ und würden „von moslemischen Revolutionären hingerichtet werden“, sagte der Teheraner Abgeordnete gestern im iranischen Parlament. Die USA und ihr Präsident Bush, laut Mochtaschemi der „Hauptangeklagte“, würden den Preis für das „erniedrigende Komplott“ bezahlen und vor der Rache der „weltweit agierenden Hisbollah- Zellen“ nicht in Sicherheit sein, fügte Irans früherer Innenminister hinzu.

Der Mittwoch wurde von Iran und seinen palästinensischen Verbündeten — vor allem den Gruppierungen Hamas, Islamischer Heiliger Krieg und Hisbollah, die in den von Israel besetzten Gebieten sowie in Libanon tätig sind — zum „Tag des Zorns“ erklärt. Aus Protest gegen die Madrider „Kompromißkonferenz“ unterbrach das iranische Parlament am späten Vormittag seine Sitzung, wie Radio Teheran berichtete. Die Koranschulen in der Stadt Ghom, heilige Stätte der Schiiten, ließen am Morgen den Unterricht ausfallen. Deren Schüler demonstrierten anschließend zusammen mit einer großen Menschenmenge gegen die „Kapitulation von Madrid“.

Auch im Palästinenserlager Ain el Chelue, dem größten Flüchtlingslager im Libanon, befolgten fast alle Bewohner den Aufruf radikaler Moslems, mit einem Generalstreik gegen die Nahostkonferenz zu protestieren. Auf den Dächern der Häuser wehten schwarze Fahnen und Spruchbänder mit der Aufschrift „Mit Israel verhandeln ist eine Sünde“. In Beirut gingen mehrere tausend libanesische Schiiten aus Protest gegen die Madrider Konferenz auf die Straße. Die Demonstration bestand zur Hälfte aus Frauen in schwarzen Tschadors, die zum größten Teil ihre Kinder auf dem Arm trugen. Auf Flugblättern hieß es, allein der paramilitärische Arm der Hisbollah, der Islamische Widerstand, gehorche noch dem verstorbenen iranischen Revolutionsführer Chomeini, der erklärt habe, daß „Israel verschwinden muß“.

Für die prosyrische Palästinenserorganisation Fatah-Intifada von Abu Mussa, die nicht Mitglied der PLO ist, bedeutet die Nahostkonferenz den Versuch Israels und der USA, die palästinensische Sache endgültig zu „erledigen“.

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