: Abschiebung in die Folter war rechtmäßig
■ Menschenrechtsgerichtshof billigt Ausweisung von Tamilen aus Großbritannien
London/ Straßburg (afp/ips/taz) — Das flüchtlingsfeindliche Klima in Europa hat den Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte erfaßt: Am Mittwoch entschieden die neun RichterInnen, daß die Abschiebung von fünf Tamilen aus Großbritannien rechtens war, obwohl vier der Flüchtlinge sofort nach ihrer „Heimkehr“ in Sri Lanka verhaftet und gefoltert wurden.
Die fünf hatten um Asyl ersucht, weil sie als Angehörige der tamilischen Minderheit bedroht seien. Ihr Fall ging bis vor das höchste britische Gericht und wurde im Dezember 1987 abgelehnt. Im Februar 1988 wies Großbritannien sie aus. Drei von ihnen wurden in Sri Lanka von der indischen Friedenstruppe verhaftet und mißhandelt, ein weiterer von der srilankischen Polizei.
Die Europäische Menschenrechtskonvention (MRK) habe Großbritannien dennoch nicht verletzt, erklärte der maltesische Vizepräsident des Gerichtshofes, John Cremona. Nach Artikel drei der MRK haben Unterzeichnerstaaten das Recht, Fremde auszuweisen. Das gilt nur dann nicht, wenn diese „substantielle Gründe“ dafür geltend machen können, daß sie in ihrer Heimat von Folter, umenschlicher Behandlung oder Bestrafung bedroht sind. Den britischen Behörden hätten zum damaligen Zeitpunkt — wohlgemerkt mitten im Bürgerkrieg — aber keine „substantiellen Gründe“ für eine reale Bedrohung der Tamilen vorgelegen, urteilten die RichterInnen.
Großbritannien habe sich auch an Artikel 13 gehalten, der verlangt, daß die Rechtssysteme der Mitgliedsstaaten die MRK befolgen, so die RichterInnen. Die verantwortliche Premierministerin habe die Fälle „sorgfältigt überdacht“, die Gerichte hätten sich korrekt verhalten. Die Mißhandlungen der Tamilen erwähnte das Gericht mit keinem Wort.
Inzwischen konnten die fünf Tamilen nach Großbritannien zurückkehren und neuerlich Asyl beantragen. Menschenrechtsgruppen befürchten jedoch, daß die Straßburger Entscheidung auch andere europäische Regierungen ermuntern könnte, Asylbewerber in die Folter zurückzuschicken. dora
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