: Buffet für die Blockflöte
■ FDP-Kreisverbände Spandau und Köpenick ehren den Ex-LDPD-Chef Gerlach mit Umtrunk und Buffet
Berlin. Der ehemalige LDPD- Chef Manfred Gerlach entzweit erneut die Berliner FDP. Trotz Kritik der Parteivorsitzenden Carola von Braun wollen die Kreisverbände Spandau und Köpenick dem ehemaligen Blockparteichef und stellvertretenden DDR-Staatsratsvorsitzenden am Sonntag eine späte Ehrung verschaffen.
»Anläßlich der Herausgabe der politischen Memoiren unseres Parteifreundes Professor Dr. Manfred Gerlach« laden die Abgeordneten Wilfried Hampel (Köpenick) und Wolfgang Mleczkowski (Spandau) im Namen ihrer Kreisverbände zu »einem kleinen Umtrunk mit Buffet«.
FDP-Mitglieder in Ost und West fürchten nun um den Ruf ihrer Partei. In seinem Ortsverein seien die Mitglieder »stinkesauer«, schimpft etwa der Zehlendorfer FDP- Schatzmeister Markus Löning. »Sehr unglücklich« ist auch der aus dem Ostteil stammende FDP-Abgeordnete Werner Wiemann, der nie LDPD-Mitglied war. Mit dem Empfang werde für Gerlach »Stimmung gemacht«, während noch nicht über ein vor einigen Monaten angestrengtes Parteiausschlußverfahren entschieden sei. Auch der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jürgen Biederbick, ist »nicht ganz glücklich«. Die »Dichterlesung« verhindern könne die FDP jedoch nicht, bedauert Biederbick ungefragt.
Vergeblich interveniert hatte auch Parteichefin Carola von Braun. Auf ihre Frage, ob der Zeitpunkt der Einladung wirklich »glücklich« gewählt sei, erhielt sie von Mleczkowski eine klare Antwort. »Ich werde keine Geschichtstabus in der Partei dulden«, habe er der Parteichefin geantwortet, sagt Mleczkowski, der bis 1968 LDPD- Kreissekretär in Friedrichshain war, 1976 in den Westen übersiedelte und seitdem innerhalb der FDP als Rechtsaußen firmiert. Auch Wilfried Hampel, dessen Köpenicker Kreisverband sich schon im Streit um Gerlachs Parteiausschluß »ausdrücklich hinter ihn gestellt« hatte, sieht in der Gerlach- Ehrung »nichts Ehrenrühriges«. In der DDR, so Hampel, hätten nur diejenigen keine Schuld auf sich geladen, »die die ganze Zeit still hinter dem Ofen gesessen haben«. Die LDPD habe sich stets von den anderen Blockparteien unterschieden, meint Mleczkowski, sei unter Gerlach die »zweitgrößte Nische nach der Kirche gewesen«. Das Buffet gehe deshalb in Ordnung: »Gerlach soll ja nicht Parteivorsitzender werden.« hmt
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