: Der Konflitklöser der EKD
■ Die Synode der Evangelischen Kirche wählte Klaus Engelhardt zum neuen Ratsvorsitzenden
Bad Wildungen (epd/dpa) — Der passionierte Bergwanderer aus dem Badischen kann einen weiteren Gipfel abhaken: Bei der Synode der Evangelischen Kirche in Bad Wildungen ist Bischof Klaus Engelhardt zum neuen Ratsvorsitzenden der EKD gewählt worden. Er gilt als ein liberaler „Verbindungsmann in Konfliktfällen“. Vielen protestantischen Frauen klingt der Name des 59jährigen gut im Ohr. Er engagiert sich für Chancengleichheit der Geschlechter in Kirche und Gesellschaft.
Auch die Mehrzahl der Synodalen aus den neuen Ländern traut dem früheren Professor für Theologie und Religionspädagogik zu, die armen Verwandten im Osten zu fördern. Aber leicht wird er es als Repräsentant von 29 Millionen Evangelischen nicht haben. Zu Recht konstatierte sein Vorgänger im Amt, der Berliner Bischof Martin Kruse, daß die christliche Tradition kaum noch weitergegeben wird und in vielen Bereichen bereits verlorengegangen ist.
In manchen Städten der alten Bundesländer traten im Sommer doppelt so viele evangelische Christen aus ihrer Kirche aus wie im Vorjahr. Engelhardt will, daß die 18.100 Gemeinden missionarischer und lebendiger werden. Er weiß genau, daß sich nicht im Rat der EKD, sondern an der Basis das weitere Schicksal des Protestantismus in Deutschland entscheiden wird.
Die Kirche muß, so Engelhardt, wieder klar und verständlich reden, wenn sie ernstgenommen werden will. Bürokratische Wortungetüme und langatmiges Herumschwadronieren sollen der Vergangenheit angehören. Viel zu häufig seien Kirchenleitungen mit sich selbst beschäftigt und schauten nicht auf die konkreten Probleme der Menschen.
Engelhardts Stellvertreter, der sächsische Bischof Johannes Hempel, erwarb sich zu DDR-Zeiten Ansehen als unabhängiger Kirchenführer gegenüber der SED-Führung. Für den Dresdener Bischof ist eine wichtige Aufgabe der Kirche im Osten die Vergangenheitsaufarbeitung, die weit über das Stasi-Thema hinausgehen müsse.
In der Abtreibungsproblematik sind sich Engelhardt und Hempel nicht einig. Der Ratsvorsitzende erklärte, für ihn sei eine Fristenlösung nicht akzeptabel, die Indikationslösung sei die „relativ verantwortbarere“. Die Diskussion um den Schwangerschaftsabbruch dürfe nicht auf den §218 beschränkt bleiben, sie müsse umfassender geführt werden und alle Betroffenen zu Wort kommen lassen. Die Kirche dürfe sich nicht juristisch festlegen.
Nach Auffassung Hempels bedarf es einer einheitlichen Regelung für ganz Deutschland. Dazu gehöre eine Beratungspflicht und die Straffreiheit der Frau. „Schwangerschaftsabbruch ist Tötung“, sagte Hempel. Die Einbettung in die gesamtgesellschaftliche Situation sein „keine Ausrede“. Vielen Frauen in Ostdeutschland gehe es sehr schlecht.
Engelhardt wurde mit 126 von 171 Stimmen gewählt, etwa ein gutes Dutzend mehr als die notwendige Zweidrittelmehrheit. Hempel, der von vornherein nur als Stellvertreter kandidierte, erhielt 160.
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