Freizeitspaß Autoklau

Schwerin (ap/taz) Auch die Autoindustrie braucht sich um den Nachwuchs keine Sorgen zu machen. Jugendliche Täter zwischen 14 und 18 Jahren, meist ohne Führerschein und alkoholisiert, machen mit gestohlenen Autos die Straßen Mecklenburg-Vorpommerns unsicher.

Die zuständigen Polizeiinspektionen in allen größeren Städten des Landes registrieren einen drastischen Anstieg der Zahl von Autodiebstählen und unbefugtem Benutzen der Fahrzeuge, was von den Halbwüchsigen erklärter „Freizeitspaß“ unter der Bezeichnung „Fahrriemen schleifen“ geworden ist. Allein in Schwerin werden in der letzten Zeit wöchentlich über 100 derartige Fälle angezeigt. Im Schnitt werden 15 Autos pro Nacht in der Landeshauptstadt geknackt.

Etwa 70 Prozent der gestohlenen Fahrzeuge finden sich innerhalb weniger Tage mit leerem Tank wieder. Nicht selten sind sie zuvor schrottreif gefahren worden. Bevorzugte Marken der Diebe sind die ehemaligen DDR-Fabrikate Wartburg und Trabant sowie die westlichen Typen VW Golf und Opel Kadett. Der Kripo sind die Täter in der Regel bestens bekannt. Einige von ihnen sind schon bis zu zwanzigmal auf frischer Tat ertappt und vernommen worden. Die Staatsanwaltschaft setzt sie immer wieder auf freien Fuß, weil laut Gesetz keine ausreichenden Haftgründe bestehen. „Haft ist nur möglich, wenn Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr bestehen“, sagte ein Sprecher der Schweriner Staatsanwaltschaft. Kriminalkommissar Gädke hat angesichts dieser Verfahrensweise schon öffentlich in der Presse die Frage gestellt, „ob denn erst jemand sterben muß, ehe man die dreistgefährlichen Täter von der Straße bekommt“. Einen Rekord hat in der Schweriner Kriminalinspektion ein 15jähriger eingestanden: Er gab den Diebstahl von 250 Autos zu. Die mit der Aufarbeitung dieser Fälle befaßte fünfköpfige Kriminalabteilung in Schwerin ist hoffnungslos überfordert: „Jeder unserer Mitarbeiter hat momentan den Berg von 150 Anzeigen auf seinem Tisch.“