piwik no script img

Damoklesschwert über den TU-BesetzerInnen

■ Verhärtete Positionen — KfZ-Gebäude besetzt/ Flüchtlinge werfen der Uni-Leitung vor, Lippenbekenntnisse abzulegen

Berlin. Im Audimax der TU warben gestern Vertreter von Flüchtlingen und des Antirassistischen Zentrums um die Solidarität der Studenten, bei der bevorstehenden Auseinandersetzung mit der Uni-Lleitung. Die TU hat angedroht, von ihrem »Hausrecht« Gebrauch zu machen, falls die seit dem 24.10. besetzten elf Räume im Mathe-Campus nicht bis morgen Abend geräumt sind. Die Besetzung ist ein Protest gegen die Zwangsverteilungen in die neuen Bundesländer und für ein Bleiberecht in Berlin.

Vizepräsident Steinmüller referierte erstmals öffentlich die Position der TU. Bereits einen Tag nach Beginn der Besetzung sei den Flüchtlingen — und damals wären es nur zwei gewesen — die Kita als Ausweichquartier angeboten worden. Das Angebot sei am 28. und 30. Oktober wiederholt und durch eine Solidaritätserklärung ergänzt worden. Zu diesem Zeitpunkt hätten bereits 30 Flüchtlinge die Seminarräume besetzt gehalten.

Jetzt seien es schon 60. Die »unveranwortliche Zunahme« von Flüchtlingen habe die TU nicht zu verantworten und die »nachgeschobene« Forderung nach mehr Räumen könne sie nicht erfüllen. Steinmüller forderte von den verantwortlichen Politikern der Stadt, »sich des Problems anzunehmen, da es nur auf einer politischen Ebene gelöst werden kann«. Er hoffe, daß der Konflikt um die Raumfrage »universitätsintern« gelöst werden kann. Die Rede Steinmüllers wurde mehrfach mit Zwischenrufen wie »Heuchler, Lügner« unterbrochen. Ein Sprecher des Astas versuchte zu vermitteln, indem er betonte, daß nicht die TU-Leitung Ziel der studentischen Kritik sein kann, »sondern Innensenator Heckelmann, den wir ins Schwitzen bringen müssen«. Am Nachmittag demonstrierten 200 Menschen vor dem Gebäude des Innensenats für die Forderungen der Flüchtlinge. Als Reaktion auf Steinmüllers Ankündigung, das Hausrecht wahrzunehmen, haben StudentInnen gestern den leerstehende Gebäudeteil »Kraftfahrzeuge« besetzt. Über die eskalierende Auseinandersetzung sprach Anita Kugler mit Miriam, einer Sprecherin des Antirassistischen Zentrums.

taz. Die Uni-Leitung wirft euch vor, den Konflikt durch ständig neue, nachgeschobene Forderungen zu provozieren.

Miriam: Der Akademische Senat hat vor zwei Wochen einstimmig beschlossen, daß sie die Forderungen der Flüchtlinge solidarisch unterstützen werden und dies gilt sowohl für die Frage der Unterbringung als auch in dem Versprechen, Druck auf den Innensenator auszuüben. Das Universitätsangebot Kita ist nicht ausreichend, weil inzwischen 60 Flüchtlinge Platz brauchen. Im Mathematikgebäude haben sie 600 qm, in der Kita nur 300 qm. Eine Öffentlichkeit ist so nicht herzustellen. Die Flüchtlinge haben immer gesagt, daß sie stellvertretend für alle Doppelflüchtlinge, das heißt für die, die in Deutschland zum zweitenmal vor rassistischen Angriffen flüchten mußten, kämpfen. In den Räumen der Kita würden sie in die Unsichtbarkeit abgeschoben.

Aber die TU kann nichts dafür, daß die Anzahl der Doppelflüchtlinge jeden Tag ansteigt.

Mit der Besetzung und der Öffentlichkeitsarbeit wollen die Flüchtlinge und wir als koordinierendes Zentrum, eine politische Veränderung in dieser Stadt herbeiführen. Es geht darum, eine antirassistische Gegenbewegung gegen die Asylpolitik aufzubauen, Möglichkeiten der Selbstorganisation anzubieten und dadurch Druck auf den Innensenat auszuüben. Wenn die TU keine adäquaten Räume für diese Arbeit anbietet, ist ihre Solidarität nur ein Lippenbekenntnis.

Die TU hält die neuen Raumforderungen für eine Erpressung.

Davon kann keine Rede sein. Die Besetzer stellen keine neuen Forderungen auf, sondern verlangen das, was sie schon vor zwei Wochen als Alternative zu den Seminarräumen anboten: Nämlich die gesamte »Alte Mineralogie«. Die TU hat uns schon damals nur mit der Kita abspeisen wollen und tut dies immer noch.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen