: Keine Angst vor Finanzhaien
■ Dezernent Janiszewski: Stettiner Wojewodschaftsamt beobachtet Interessenten für den neuen Immobilienmarkt/ Lukrativ sind die landwirtschaftlichen Flächen
Stettin. Obwohl im Westen potentielle Investoren dräuen, um in Polen die harte D-Mark zu investieren, ist man im Stettiner Wojewodschaftsamt weit davon entfernt, den deutschen Immobilienhai gleich an die Wand zu malen. Doch Wachsamkeit ist geboten. Das Amt beobachtet das Geschäftsgebaren der angetretenen ausländischen Unternehmer, die sich als Investoren anpreisen, in Wahrheit aber anstreben, Grundstücke zu kaufen, um sie zu nebulösen Zwecken weiter zu verwerten.
Besonders lukrativ sind die landwirtschaftlichen Flächen, die zu 70 Prozent von (noch-)staatlichen Betrieben mühsam bestellt werden. Immer wieder, erzählt der zuständige Dezernent Jacek Janiszewski, sei er auf seinen Rundreisen durch Westdeutschland von interessierten Firmenchefs auf die Möglichkeiten des legalen Landkaufs angesprochen worden. Bisher muß dafür die Genehmigung aus Warschau eingeholt werden: ein Behördenweg mit wenig Aussicht auf Erfolg. In einem Fall hat der deutsche Ehepartner einer Polin über seine Frau 400 Hektar Land erworben.
Schon haben sich deutsche Aussiedler nach eventuellen Rückgabeansprüchen erkundigt. Noch steht die EG- Mitgliedschaft nicht unmittelbar ins Haus, entscheidet nicht der Geldbeutel, wer Grundstücke erwerben kann und wer leer ausgeht.
Janiszewski will die Zeit nutzen, um den mittellosen polnischen Bauern die Chance zu geben, über langfristige Pachtverträge und günstige Kredite rentable Wirtschaften und Verarbeitungsbetriebe aufzubauen und letztlich den Boden, der von ihnen bearbeitet wird, auch zu kaufen. In diesem Jahr will das Wojewodschaftsamt mit erhöhten Aufkaufpreise für Getreide jene Wirtschaften vor Verlusten schützen, die eigentlich gut funktionieren, aber zum Beispiel nicht über die Lagerkapazitäten verfügen, um zeitweilige Absatzschwierigkeiten zu überstehen.
Ab Januar 1992 könnten in elf polnischen Städten, darunter auch in Stettin, Zweigstellen einer staatlichen Eigentumsagentur eröffnet werden, wenn ein entsprechender Vertrag vom Präsidenten in Warschau rechtzeitig abgesegnet wird. Diese Agentur — eine Art Treuhand — soll die Privatisierung der staatlichen Güter und Ländereien kontrollieren, Spekulation und Ausverkauf verhindern. igr
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