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Freie Arzt- und Therapiewahl-betr.: "Verantwortungsethik", Kommentar von Götz Aly zum Fall Katharina Scharpf, taz vom 12.11.91

betr.: „Verantwortungsethik“ Kommentar von Götz Aly zum Fall Katharina Scharpf,

taz vom 12.11.91

[...] Der Kommentar von Götz Aly läßt in meinen Augen das Entscheidende außer Acht:

Krebs im allgemeinen und Leukämie im speziellen ist eben nicht „nur so“ (also nach orthodoxer Art) heilbar. Woher Götz Aly die Sicherheit für seine kategorische Behauptung auch nehmen mag, profunder, aktueller Sachkenntnis kann sie kaum entspringen, da selbst die orthodoxe Monopolmedizin, wie zum Beispiel auf dem 15. Welt-Krebskongreß, die Unzulänglichkeit der Chemotherapie einräumt und Alternativen in der Naturheilkunde und der biologischen Medizin (wie ich am eigenen Leib äußerst positiv erfahren konnte) sehr wohl bestehen. Die Tatsache, daß es eine einzige medizinische Richtung geschafft hat, den öffentlichen Diskurs zu monopolisieren und ein medizinisches Einparteiensystem zu installieren, ist leider kein Beweis für ihren Erfolg im Dienst der Gesundheit, sondern resultiert aus der engen Interessenkoalition mit der Industrie, die mit geballter Finanzkraft im Bereich der von diesen Geldern abhängigen Forschung, des Staatswesens und der Medien für die Konservierung des herrschenden Medizinsystems sorgt. [...] Blinder Gehorsam gegenüber der (noch) nahezu unumschränkt die Medizin diktierenden Orthodoxie hilft vielen Akteuren, aber sicher nicht den Kranken.

Bei den Scharpfs ging es nun nicht darum, ob die Eltern ihr Kind überhaupt behandeln lassen wollen (im negativen Fall hätte der Staat selbstverständlich die Pflicht einzugreifen), sondern darum, ob die Staatsgewalt eine bestimmte Art der Behandlung vorschreiben und mit Hilfe drakonischer Zwangsmaßnahmen durchsetzen darf. Eine solche Zwangsmedizin setzt das gesetzlich garantierte Recht auf freie Arzt- und Therapiewahl, das nach den Erfahrungen mit der NS-Medizin ausdrücklich formuliert wurde, außer Kraft und ist daher aufs Entschiedenste zu bekämpfen. [...] Andreas Nitzge,

Medizinstudent, 5.Semester,

westliches Berlin

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