: Rebellion im „Kuwait Afrikas“
Berlin (taz) — Die politischen Wirren am Horn von Afrika haben nach Somalia und Äthiopien nun auch Dschibuti ergriffen, das zwischen diesen beiden Ländern am Eingang zum Roten Meer liegt. Der winzige, Staat, wegen seines relativen Wohlstands auch als das „Kuwait am Horn von Afrika“ bekannt, wird seit einer Woche von einer bewaffneten Rebellion erschüttert.
„Territorium der Afar und Issas“ hieß das Gebiet vor 1977, als es noch französische Kolonie war, und dieser Name beschreibt auch das Problem. Das Volk der Issa stellt fast die Hälfte der Bevölkerung, das Volk der Afar stellt etwa ein Drittel. Einige Afar behaupten jedoch, zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit noch das Mehrheitsvolk gewesen zu sein, und beschuldigen die Regierungen des unabhängigen Dschibuti, somalischen Issa-Einwanderern die Grenzen geöffnet zu haben. Außerdem halten sie ihren nördlichen Landesteil für infrastrukturell benachteiligt.
„Die kleinste Regung von Unmut hat immer dazu geführt, daß die Afars zum Ziel von Repressionen aller Arten wurden, Opfer von Folter und illegaler Verhaftung“, schrieb dieses Jahr ein Mitglied einer Untergrundgruppe namens „Aktion für die Revidierung der Ordnung in Dschibuti“. Und in einem Anfang November veröffentlichten Bericht schreibt amnesty international, 300 Gefangene seien im vergangenen Jahr schwerster Folter unterzogen worden. Seit Januar sind außerdem 50 prominente Afars, darunter Ex- Staatspräsident Ali Aref Bourhan, aus politischen Gründen in Haft.
Eine „Revolutionäre Front für Einheit und Demokratie“ hat nun vor einer Woche mit bewaffneten Aktionen im Norden des Landes begonnen, auf die die Regierung am vergangenen Mittwoch mit der Verkündung der Generalmobilmachung und einer nächtlichen Ausgangssperre reagierte. Der bisher schwerste Zwischenfall ereignete sich in der Nacht zum Samstag, als Rebellen die nördliche Stadt Obock angriffen und die Gendarmerie einnahmen.
Seit einigen Tagen nun sind die beiden wichtigsten Städte des Nordens, Obock und Tadjoura, von der Armee abgeriegelt. Nach Oppositionsangaben soll die Armee 103 Jugendliche in Obock entführt und als „Guerilleros“ der Öffentlichkeit vorgeführt haben. Ähnlich sei die Polizei mit 120 Jugendlichen in einem von Afar bewohnten Viertel von Dschibuti-Stadt verfahren.
Die Spannungen haben in Frankreich für Aufregung gesorgt. Jeder 50. Bewohner Dschibutis ist Franzose, das französische Truppenkontingent in Dschibuti ist größer als die eigene Armee des Landes. Die französischen Soldaten, sonst eher mit der Versorgung äthiopischer Hungerflüchtlinge beschäftigt, haben bereits mit ersten Evakuierungen französischer Staatsbürger begonnen. D.J.
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