: Wo ist Wurstkönig Könecke?
■ Auch beim zweiten Prozeßanlauf blieb der Angeklagte trotz Haftbefehl unauffindbar
Wieder hat der Bremer Wurstkönig Karl Könecke das Bremer Landgericht versetzt. Als der Vorsitzende Richter der V. Strafkammer, Eduard Scotland, gestern um 9.30 Uhr einen zweiten Anlauf zur Eröffnung der Hauptverhandlung gegen Könecke machen wollte, war die Anklagebank erneut leer. Gegen 10.15 erschien Köneckes Anwalt Christian Volkmann, gegen 10.35 trudelte sein zweiter Anwalt Rainer ein. Beide erklärten, daß sie keinerlei neue Erkenntnisse über den Verbleib ihres Mandanten hätten.
Bereits am Dienstag war Könecke nicht zum Prozeß erschienen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, in den Jahren 1982 bis 1984 1.200.000 Kilogramm geschmuggeltes Schweine- und Rindfleisch gekauft und verarbeitet zu haben. Etwa zehn Millionen Mark seien dem Staat durch die illegale Einfuhr des Fleisches aus Ungarn und Brasilien flöten gegangen. Ermittelt und geurteilt wurde in diesem Zusammenhang gegen „Importeure“ aus Gelsenkirchen und Frankfurt. Könecke soll von dem Schmuggel gewußt haben und mindestens 250.000 Mark Provision eingestrichen haben. Die Juristen nennen das „Steuerhehlerei“, die mit Geldstrafe oder Haft bis zu fünf Jahren geahndet werden kann.
Das Landgericht hatte am Dienstag einen Terminhaftbefehl gegen Wurstkönig Könecke erlassen. Wie Staatsanwalt Horst Nullmeyer gestern erklärte, sei es seiner Behörde bislang aber nicht gelungen, Köneckes Aufenthaltsort zu ermitteln. Das letzte Mal sei er auf der Kölner Nahrungsmittelmesse Anuga (12.-17.10.) gesehen worden. Im Oktober habe er beim zuständigen Ortsamt einen Reisepaß beantragt, den er am 11.11. abgeholt hat. Seitdem fehlt jede Spur.
Richter Scotland zeigte sich enttäuscht. „Ich hätte nicht gedacht, daß er kampflos aufgibt und sich einfach aus dem Staub macht“, erklärte er und setzte den Prozeß für nächste Woche erneut an. Köneckes Rechtsanwälte er
Foto: Falk Heller
klärten, daß sie das Gericht sofort informieren würden, wenn sie den Aufenthaltsort ihres Mandanten erführen.
Die Geschäftsleitung der Fleischwarenfabrik erklärte inzwischen: „Herrn Könecke war von den bei der Einfuhr begangenen Manipulationen nichts bekannt. Er ist im Vertrauen auf die Geschäftsbeziehungen zu einem Großunternehmer selbst gröblich getäuscht worden.“ Weiter heißt es, daß „die Führung des Unternehmens und die Sicherung von ca. 1.100 Arbeitsplätzen ... auch während einer evtl. längeren Ab
gemaltes haus
hinter gittern
wesenheit des Inhabers gewährleistet“ sei. Könecke produziert etwa 1.000 Tonnen Fleisch und Wurst pro Woche, in diesem Jahr erwartet Prokurist Bischoff einen Umsatz von 360 Millionen Mark.
Die Karl Könecke Fleischwarenfabirk ist eine GmbH & Co KG. Gesellschafterin ist die Karl Könecke Fleischwarenfabrik-Beteiligungsgesellschaft, Hauptgesellschafter: Karl Könecke. Einziger Einleger der Kommanditgesellschaft ist ebenfalls Karl Könecke. Einlagekapital:
19.884.000,00 Mark. Markus Daschner
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