: Ringnotizen / Neues aus dem Umland
■ Potsdam: Flüchtlinge / Forst/Lausitz: Europäische Strukturanlayse / Sauener Wald / ÖTV und Kitas / Brandenburg: Mordverdacht / Brand an der Potsdamer Havelbucht
Von »positiven Zeichen gegen Gewalt und Fremdenhaß« weiß die Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg, Almut Berger, zu berichten. So werde in Potsdam demnächst ein Begegnungszentrum für Ausländer und Deutsche, der »Cabana-Klub« im Haus der Jugend, eröffnet. In Fürstenwalde hätten Bürger eine Telefonkette aufgebaut, um die Menschen im Flüchtlingsheim vor Übergriffen zu schützen. In Eberswalde entstehe derzeit ein Dritte- Welt-Laden und in Rangsdorf plane die Kirchengemeinde, ihre Adventsfeiern gemeinsam mit Bewohnern des Asylbewerberheimes zu gestalten. Solche »erfreulichen Aktivitäten« hätten landesweit zugenommen. In Brandenburg seien gegenwärtig 4.524 Flüchtlinge in 57 Heimen untergebracht. Allein im Zentralen Aufnahmeheim des Landes in Eisenhüttenstadt lebten 1.000 Menschen. In allen Kreisen Brandenburgs bestünden jetzt menschenwürdige Unterbringungsmöglichkeiten.
Ein Außenposten der für die Flüchtlinge immer schwieriger zu überwindenden Festung Europa soll jetzt gefördert werden, allerdings aus ganz anderen Gründen. Eine Strukturanalyse der Beratungsgesellschaft Ecometrika GmbH Berlin kommt zu dem Resultat, daß der an der Ostgrenze Deutschlands gelegene Landkreis Forst/ Lausitz als Standort an der Außengrenze der Europäischen Gemeinschaft zu begünstigen ist. Ziel der Analyse sei es gewesen, Stärken und Schwächen der Region herauszuarbeiten und daraus eine gezielte Förderungsstrategie zu entwickeln, sagte Landrat Jürgen Meissner (CDU) bei der Vorstellung der Studie in Forst. Die Kreisverwaltung sehe mit Blick über die Neiße Chancen für eine grenzübergreifende Region im geeinten Europa. Gemeinsam mit Kommunalpolitikern aus sechs polnischen Gemeinden wolle man einen Regionalplan erarbeiten, der gegenwärtige Standortnachteile abbaut. Mit einer Arbeislosenquote von 15,4 Prozent gehöre der Landkreis EG-weit zu den Problemregionen. Einen Förderantrag in Höhe von 800.000 ECU (1,6 Millionen DM) aus EG-MItteln habe die Kreisverwaltung Ende Oktober beantragt, teilte Manfred Krabbe, parteiloser Dezernent für Wirtschaft und Finanzen, mit. Der Landkreis Forst und die benachbarte polnische Region Brody könnten zur »Keimzelle einer Europa-Region« mit 130.000 Einwohnern werden.
Nicht nur die Stadt Forst, auch der Forst im Walde kann sich vielleicht bald freuen: Sauener Wald statt saurer Wald ist jetzt angesagt. Das in den zwanziger und dreißiger Jahren erfolgreiche land- und forstwirtschaftliche Experiment »Sauener Wald« soll von der »Europäische Gesellschaft August Bier für Ökologie und Medizin« wiederholt werden. Der Berliner Arzt August Bier hatte 1912 das zwischen Fürstenwalde und Beeskow liegende abgewirtschaftete Landgut Sauen gekauft und die Kahlschläge der »Märkischen Kiefernheide« mit einem artenreichen und vielfältigen Mischwald aufgeforstet. Das Areal wurde zu einem Treffpunkt moderner Forstwirte des In- und Auslandes. Die »Europäische Gesellschaft« bemüht sich, den in der Nähe gelegenen Truppenübungs- und Schießplatz Dubrow nach Abzug der sowjetischen Streitkräfte für das forstökologische Projekt zu erhalten.
Um Erhaltung geht es auch der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV). Noch in diesem Jahr müßte das Parlament ein Kindertagesstättengesetz verabschieden, um die finanziellen Voraussetzungen für den Erhalt von Kitas, Krippen und Horten zu schaffen, forderte gestern Brandenburgs ÖTV-Chef Werner Ruhnke. Mitarbeiter befürchten die Schließung ihrer Einrichtungen zum Jahresende, da Förderrichtlinien und damit die Zuschüsse aus Landesmitteln noch nicht geregelt seien. Viele Kommunen Brandenburgs wüßten nicht, wie sie die Mitarbeiter von Kindereinrichtungen, die 42 Prozent der Beschäftigten in den kommunalen Verwaltungen des Landes ausmachen, bezahlen sollen. Auch freie Wohlfahrtsverbände hielten sich wegen der unklaren Förderung aus Landesmitteln mit der Übernahme von Kindertagesstätten zurück.
Doch nicht nur finanzielle Probleme plagen die Region Brandenburg, sondern auch handfeste Verbrechen: Unter dringendem Mordverdacht sind am Wochenende in Eberswalde drei arbeitslose Jugendliche festgenommen worden. Die Festnahmen stehen vermutlich im Zusammenhang zu einer am vergangenen Freitag gefundenen Leiche. Der inzwischen identifizierte 52jährige Tote war durch einen Angehörigen der Sowjetischen Streitkräfte in der Nähe der Garnision Eberswalde unter Laub und Erdreich versteckt gefunden worden. Am Opfer wurden unter anderem Schädelverletzungen und eine offene Bauchdecke festgestellt.
Und ein Feuer gab's auch: Der Brand eines Bootshauses an der Potsdamer Havelbucht hat am Wochenende nach ersten Schätzungen einen Sachschaden in Höhe von rund 250.000 Mark verursacht. Das Feuer zerstörte 26 Sportboote unterschiedlicher Größe, elf weitere wurden erheblich beschädigt.
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