: Die Musik zu den Bildern — die Bilder zu der Musik
■ Filme von Peter Hutton, Klangimprovisationen von Wolfgang Fuchs und Georg Katzer
Zum Abschluß der »Insel-Musik« fand am Sonntag abend im Kino Arsenal ein gemischtes Film/Musik-Programm statt.
Drei Kurzfilmen Peter Huttons mit den Titeln New York Portrait I bis III wurden von zwei Improvisations- Einlagen des Duos Fuchs/ Katzer unterbrochen.
Die Filme Huttons sind in Schwarzweiß gedreht und ohne Ton, obwohl der älteste gerade mal von 1977 ist, der jüngste und letzte Teil vom letzten Jahr. So muten seine filmischen Arbeiten geradezu asketisch an. Beschränkt sich doch sein in der Auswahl der Motive bereits sehr distanzierter Blick auf formelle Abläufe und auf die Wechselspiele zwischen Licht und Schattenwurf. Bilder, die oft ins nur noch Konturenhafte entweichen und deren heimliche Poesie. Hutton zeigt viele Alltagsaufnahmen ohne dramaturgisches Wollen: eine Frau laufend, eine Straßenecke in ungewöhnlicher Stadtplan-Perspektive oder den Himmel über New York. Sei's mit silhouettenhaften Wasserbehältern auf den Hochhausdächern oder der Himmel pur, nur mit Vogelschwärmen, die, vom Sonnenlicht seitlich ausgeleuchtet, feuerwerkartige Effekte erzeugen. Auch Heimlichkeiten der Natur entdeckt Peter Hutton da: ein Wasserstrudel, von oben gefilmt, wird auf der Leinwand zur sich fortwährend mutierenden Blume, der ständig kleine Spiegelungen aufsitzen. Eine filmische Arbeit, die scheinbar zusammenhanglose Bilder aneinanderreiht, durch deren Rhythmik und Stille aber Musikalität hindurchleuchtet und schließlich sogar eine Art erzählerischer Duft entsteht.
Ganz anders die Musik in den Pausen. Wolfgang Fuchs an Baß-, Contrabaß-Klarinette und Sopransaxophon ist eher als expressiver, bekenntnishafter Bläser bekannt, denn als stiller Zeichner. Gemeinsam mit dem Komponisten Georg Katzer, der hier als live-elektronischer Improvisator auftritt, hält er sich aber vielfach zurück.
Die Musik der beiden bewegt sich meistens in sich nur langsam verändernden Feldern, wohl schon aus technischen Gründen, verarbeitet doch Katzer mit seiner Elektronik fast ausschließlich die eben aufgenommenen Klänge seines Improvisations-Kollegen. Das ist nicht aprupt veränderlich und extreme musikalische Sprünge sind mithin fast ausgeschlossen. Eher wirkt es manchmal so, als zöge Fuchs mit seinen Klarinettenklängen, wie ein Düsenflugzeug seine Milchspur, die elektronisch erzeugten Klänge hinter sich her. Das reicht von kanonhafter Selbst-Imitation über flirrende Folgefelder bis hin zu elektronisch verfremdeten Gegensätzlichkeiten.
Der Zusammenhang zu den gezeigten Filmen bleibt offen und soll es wohl auch bleiben. Die Musik ist eher Interludium denn thematisch damit Verknüpftes.
Und doch zeigten Bild und Musik an diesem Abend eine große Gemeinsamkeit — beide waren nicht auf kopfnickendes Verständnis aus, sondern setzten durch locker Gefügtes auf die Wirkung des Nachklangs und Weiterlebens im sich zerstreuenden Puplikum. Fred Freytag
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