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Trüpel kommt! Bildet Banden!

■ Die befragte Bremer Kulturszene kriegt großteils rote Bäckchen vor Aufregung.

Ingo Ahmels etwa von Dacapo begrüßt sogar die Abkoppelung des kleinen Kultur-Ressorts als Chance: „Jetzt ließe sich natürlich nach dem Motto Bildet Banden! viel leichter was bewegen“.

Foto Ahmels

Allerdings sieht er auch die Gefahr, daß eine Nur-Kultur-Senatorin Trüpel „von Grobecker stärker in die Mangel genommen werden kann als beispielsweise ein zweiter Bürgermeister“. Dafür sei aber „die Helga schwer in Ordnung“, sagt er, „sie ist die einzige, die sich systematisch für das interessiert hat, was sie nicht kannte. Diese Lernwilligkeit ist ja ein ganz entscheidendes Kriterium“.

Daß Helga Trüpel sich jahrelang in Bremens Kultur umgetan habe, wird ihr von allen hoch angerechnet. „Sie wird erstmal zuhören“, hofft Katrin Rabus, Galeristin. „Ob sie allerdings den verschiedenen Pressionen standhalten wird, muß sich noch zeigen.“ Daß die Kultursenatorin für die Jugend mit zuständig sein soll, hält Rabus für obskur. Die Abkoppelung des Kultur-Ressorts aber sei „nicht verkehrt“.

Foto

Rabus

Katrin Rabus

Sie verspricht sich davon bessere Möglichkeiten, „Akzente zu setzen, sich auf Projekte zu konzentrieren, statt die Kulturförderung auf die 35 Selbsthilfegruppen aufzusplittern, die sich auch noch melden.Da kommt am Ende für alle zu wenig raus.“

Auch Jürgen Müller-Ohtzen sieht Helga Trüpel „als einzige regelmäßig bei Veranstaltungen“. Sie habe auch überall die „klarsten Vorschläge gehabt“, jetzt allerdings werde sie „unglaublich hart kämpfen müssen“. Er halte sie aber für „ausreichend zäh, auf ihre subtile Art. An uns liegt es, sie zu unterstützen“, sagt er und meint damit u.a. den neuen Kulturrat, in dem er mitmischt. Aber täte es dem Kulturrat, der doch die ProduzentInnen vertreten soll, gut, wenn er jetzt eine halbamtliche Politik betriebe? „Das war schon ein bißchen auch die Idee, daß wir, soweit es möglich ist, konstruktive Mitarbeit anbieten“, sagt Müller-Ohtzen. Daß die Kultur jetzt für sich allein steht, ist ihm da gerade recht: „Ich habe mich oft geärgert über so ein Mammut-Ressort, wo bloß andauernd hin-und hergeschoben worden ist. Jetzt wird's klarer“.

Jürgen Müller-Ohtzen

Die Abkoppelung war auch für Rolf Wolle vom Rat&Tat-Zentrum keine Marginalisierung, sondern „überfällig“. Darüberhinaus aber sieht er „schwarz“, auch was die Senatorin betrifft: „Die ist nett, mehr nicht. Aber vielleicht isses doch 'ne Chance. Kommt drauf an, ob sie die ganzen Lahmärsche in der Behörde rausschmeißt.“

Wolle

Rolf Wolle

Wolfgang Stemmer vom Fotoforum bezeichnet es als „schweren Schaden“, daß die Grünen sich die Wissenschaft hätten „abhandeln“ lassen, „zumal sie ihre Forderung nach 60 Millionen auf vier Jahre nicht durchsetzen konnten“. Wo ein nach wie vor

Stemmer

Wolfgang Stemmer

schlecht ausgestattetes „Rumpfressort“ übrigbleibt müsse man sich „mit kleinen Projekten profilieren“. Aber wenigstens „ist der Scherf weg. Da hätten wir sonst die nächsten vier Jahre die Hölle losgemacht“.

Norbert Kentrup von der shakespeare company meint geradezu, die Kulturszene habe „den Regierungswechsel mitproduziert“. Die Ressorttrennung findet er schade: „Wo doch Wissenschaft und Kultur, in denen vorwärts gedacht wird, zusammengehören“. Er setzt jetzt, wo „elf Senatoren miteinander reden müssen“, auf klimatische Verbesserungen, wenn es der Neuen gelänge, „in ihrer Behörde aufzuräumen“.

Waller

Jürgen Waller, Rektor der HfK, erhofft sich jetzt eine „Legislaturperiode der Experimente — damit wieder Leute Lust kriegen, nach Bremen zu kommen.“ Er, dem selbst schon Gelüste auf die Senatorentoga nachgesagt wurden, winkt aber mit Eifer ab: „Ich male gerne Bilder! — Obwohl, der Theodor Heuss hat ja auch Aquarelle gemalt. Aber die mach ich jetzt noch nicht.“ schak

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