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Massakerfurcht nach Unruhen in Burundi

 ■ Von François Misser

Brüssel (taz) — In Burundi wächst die Furcht vor neuen ethnischen Massakern. Die seit 1962 unabhängige einstige deutschen Kolonie in Ostafrika hat schon mehrmals Blutbäder zwischen der Mehrheitsethnie der Hutu und dem herrschenden Volk der Tutsi erlebt. Am vergangenen Wochenende kam es zu Unruhen in der Hauptstadt Bujumbura und anderen Stellen des Landes. Zuerst war von 15 Toten die Rede, inzwischen sprechen selbst offizielle Stellen von weit über 100. Die Armee soll inzwischen die Kontrolle wiedererlangt und Massenverhaftungen von Hutus durchgeführt haben.

Auslöser der Spannungen sind nach amtlichen Angaben Aktivisten der Untergrundpartei „Palipehutu“ (Partei der Befreiung des Hutu-Volkes), die mehrere Polizeistationen angegriffen und Amtsgebäude beschossen haben sollen. Die Parteiführung bestreitet dies. Unabhängige Beobachter halten es aber für möglich, daß der bewaffnete Flügel der Palipehutu sich auf eigene Faust zu Aktionen entschlossen haben könnte.

Seit mehreren Monaten sind Aktivisten der Palipehutu aus dem benachbarten Tansania nach Burundi infiltriert, um unter den Hutu-Bergbauern gegen die Regierung Burundis zu agitieren. Weil es dabei schon Tote gegeben hat, wird die Partei, insbesondere von der katholischen Kirche in Burundi, beschuldigt, den nationalen Versöhnungsprozeß zu gefährden, den Staatspräsident Pierre Buyoya nach den interethnischen Massakern vom August 1988 eingeleitet hatte. Die niedrigsten Schätzungen sprechen von 5.000 Todesopfern unter den Hutus, die es damals im Norden des Landes gab.

Buyoya hatte nach 1988 in spektakulärer Weise mit der bisherigen Politik der absoluten Tutsi-Herrschaft gebrochen. Zum ersten Mal seit 1965 wurde ein Hutu Premierminister; Hutus erhielten die Hälfte der Kabinettssitze. 1989 wurde die Eintrittsprüfung zur Oberschule, bis dahin ein Instrument des Ausschlusses von Hutu-Schülern, nach allgemeiner Überzeugung zum ersten Mal „transparent“ durchgeführt. Und ein „Nationaler Sicherheitsrat“ nach dem US-Modell gab den neuen Hutu- Ministern Einblick in die Tutsi-beherrschte Armee.

Seit einigen Monaten kehren nun unter Ägide des UNHCR auch burundische Flüchlinge aus Tansania in ihre Heimat zurück. 150.000 Menschen waren 1972 nach Massakern an Hutus in das Nachbarland geflohen. 1992 schließlich soll per Referendum eine neue demokratische Verfassung eingeführt werden. Diese schließt jedoch Parteien, die „ethnischen Haß“ propagieren, von vornherein aus der zukünftigen Demokratie aus — und dazu gehört nach Meinung der Behörden die Palipehutu.

Die Gefahr, daß der Dämon des ethnischen Hasses jetzt wiedererweckt wird, ist reell. Nach Angaben des UNHCR sind am Tag nach den Massakern 2.300 Burunder nach Ruanda geflohen.

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