Hamburg plant „Fixerstuben“

■ Oberstaatsanwalt: „Schon heute möglich“ / Bremer Kollege widerspricht

Die Einrichtung von „Gesundheitsräumen“, in denen Heroinabhängige auch spritzen könnten, ist schon nach heutiger Gesetzeslage möglich. Mit dieser Meinung sorgte Hamburgs leitender Oberstaatsanwalt Arno Weinert am Wochenende für Wirbel in Hamburgs Behörden. Weinerts Rechtsauffasung steht gegen eine gemeinsame Stellungnahme von Sozial-, Innen- und Justizsenator, nach der „Fixerstuben“ nicht zulässig seien, da nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtmG) das „Verschaffen einer Gelegenheit zum Heroinkonsum“ nach wie vor strafbar sei.

„Natürlich finden wir solche Räume richtig“, erklärte Sozialsenator Ortwin Runde zu Weinerts Vorschlag. „Wir müssen aber warten, bis der Bundestag über die entsprechende Änderung des BtmG im Frühjahr 1992 entschieden hat.“ Für den Fall einer positiven Beschlußfassung habe Hamburg bereits vorsorglich Haushaltsmittel für vier Fixerstuben beantragt. Wenn der Oberstaatsanwalt aber mit seinen Ideen zu solchen Eiertänzen einladen wolle, so Runde verärgert, müsse er auch die Garantie dafür bieten, daß die Junkies in den Fixerräumen vor einer Strafverfolgung geschützt seien.

Hier liegt jedoch der Kern des Problems: Öffentlich wollen („können“) Innen- und Justizbehörde nicht erklären, daß in Fixerräumen von einer Strafverfolgung abzusehen sei. Ohne eine solche Zusage wollen SozialarbeiterInnen aber nicht das Risiko auf sich nehmen, Räume zum Heroinkonsum bereitzustellen.

Doch die Polizei hat in der Vergangenheit bereits schon einmal beide Augen zugedrückt: Noch vorletzte Woche hatten Initiativen in dem Hamburger Stadtteil St. Georg ein „Druckmobil“ bereitgestellt — offiziell für die medizinische Betreuung von Junkies. Die Vermutung lag nahe, daß diese sich in dem Bus auch ihre Spritzen setzen würden. Die Polizei verzichtete trotzdem auf eine Kontrolle.

In Bremen hatte der Verein „Kommunale Drogenarbeit“ 1989/90 vorübergehend den Drogenkonsum in seinen Räumen geduldet. Offiziell war dies allerdings weder der Gesundheits- noch der Justizbehörde bekannt. In der Grauzone zwischen dem per BTM-Gesetz verbotenen „Anbieten“ und dem „Nicht Hinterherlaufen“ auf die Toiletten hatten die MitarbeiterInnen des Kontaktladens in der Weberstraße wichtige Erfahrungen für die Einrichtung von Druckräumen gemacht. „Ein Raum, in dem sich die Junkies ohne Angst und Hektik, unter hygienischen Bedingungen und mit der Möglichkeit lebensrettender Maßnahmen ihren Druck setzen können, ist eine wertvolle präventive Maßnahme“, betont AK-Mitarbeiterin Birgit Stiem. Sie sagt aber auch: „Druckräume passen nicht in den Rahmen anderer Hilfs- und Beratungsangebote, da sich durch deren hohe Frequentierung eine störende Dynamik entwickelt.“

Bremens Generalstaatsanwalt Hans Janknecht erklärte zum Vorstoß seines Hamburger Kollegen unterdessen: „Das Gesetz ist eindeutig. Auch nach Auffassung aller Kollegen in Bremen ist es verboten, wenn man Gelegenheit zum Drogenkonsum bietet.“ Sannah Koch/ra