: Die Einsamkeit des Olympiagegners
■ In der PDS-Fraktion ist nur der Sportexperte Steffen Zillich explizit gegen Olympia, die Mehrheit ist olympiafreundlich eingestellt/ »Modernisierung der Infrastruktur durch Olympia ist eine Legende«
Berlin. Während die Mehrheit der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus dem olympischen Gedanken »Dabeisein ist alles« die Treue hält, schlägt sich ausgerechnet der PDS-Vertreter im Sportausschuß, Steffen Zillich, auf die Seite der Olympiagegner.
Die Schäden, die eine Austragung der Spiele in Berlin und im Umland hätte, wären größer als die möglichen Vorteile«, meint Zillich. Das Argument mit der Modernisierung der Infrastruktur hält er für eine »Legende«: »Die geplante Bahn vom Olympiadorf in Ruhleben hin nach Rummelsburg ist nach den Spielen verkehrstechnisch überflüssig, weil sie parallel zur bestehenden S-Bahn führen soll«. Dagegen werde die ins Auge gefaßte Kapazitätserweiterung der U-Bahn-Linie 6 — die Züge sollen dann acht statt sechs Wagen haben — zu einem Verkehrschaos führen: »Die Bahnhöfe müßten dafür verlängert und für die Zeit der Bauarbeiten geschlossen werden«, sagt Zillich. »Angesichts der jetzigen Verkehrsverhältnisse ein Irrwitz.«
Aber auch das Argument, Berlin werde neue und moderne Sportstätten erhalten, sei angreifbar. »In Bezirken wie Schöneberg gibt es im Gegenteil die Angst, daß die Olympiabauten auf Kosten der notwendigen Modernisierung des Sportzentrums am Schöneberger Kreuz gehen.« Ähnliche Sorgen gebe es in Prenzlauer Berg bezüglich des Jahn-Sportparks. Dieser werde zum Großteil für den Breitensport genutzt. Dort fürchte man, daß der Schul- und Freizeitsport eher Nachteile haben, wenn man den Sportpark für Olympia »weggebe«. Die dringend notwendige Halle am Stadion der Weltjugend werde ohnehin — ob mit oder ohne Olympia — gebaut, weil sie privat finanziert werde. Auch das Argument eines neuen kleineren Stadions, das Berlin durch Olympia beschert werde, will Zillich nicht gelten lassen. »Wir haben mehrere Stadien mit der benötigten Kapazität von 20.000 Zuschauern. Es muß nur die Entscheidung getroffen werden, eines davon zu modernisieren.«
PDS-Pressesprecherin Katharina Grell bestätigte, daß Zillichs Vorbehalte von anderen Fraktionsmitgliedern nicht geteilt würden. Hundert neue oder renovierte Sportstätten seien eine Investition für die Zukunft. Allerdings wolle die PDS nur Spiele, die mit den Menschen und für die Menschen geplant würden. Das bedeute: »Sportstätten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden können und keinen zusätzlichen Straßenbau.« Außerdem erhoffe die PDS sich einen Schub für die behindertengerechte Stadt.
Katharina Grell wollte sich aber nicht festlegen, wie heute bei der PDS-Fraktion die Mehrheitsverhältnisse in bezug auf Olympia aussehen. Im Sommer bei der Abstimmung über das — olympiafreundliche — Positionspapier seien von 18 Abgeordneten noch 12 dafür gewesen. Thomas Marheinecke
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