: Heckelmanns Bleifuß
■ Berlin will nicht unbedingt sparsame Autos anschaffen
Berlin. Alle Welt redet davon, daß die Umwelt geschont werden muß, und was tut unser Innensenator? Er kauft neue Staatslimousinen, die soviel Sprit fressen, daß den Radfahrern und Fußgängern vom blauen Dunst aus den Auspuffrohren Hören und Sehen vergeht. Rund um die Uhr sind cromblitzende Daimler in der Stadt unterwegs, sei es um den Regierenden Bürgermeister Diepgen und seine Senatoren vom Schöneberger ins Rote Rathaus zu transportieren oder Akten und Papierberge von einer Verwaltung in die andere zu schieben. Für Innensenator Dieter Heckelmann, der für den Kauf der Staatslimousinen zuständig ist, ist Umwelt ein Fremdwort. Er denke gar nicht daran, beim Erwerb neuer Autos »ausschließlich« auf geringen Benzinverbrauch zu achten, antwortete er jetzt auf eine kleine Anfrage des Abgeordneten Hartwig Berger (Bündnis 90/Grüne). Der Senat beabsichtige auch nicht, den Einkauf von sparsamen Autos vorzuschreiben.
Völliges Desinteresse am Energiesparen wirft Berger nun dem Senat vor. Allerorts würden selbst kleinere Gemeinden sich den Kopf darüber zerbrechen, wie der Kohlendioxid-Ausstoß vermindert werden kann, Berlin trete dabei nicht einmal beim eigenen Fuhrpark auf die Bremse.
Dabei steht Berger das Berliner Energiespargesetz zur Seite. Es schreibt die Beschaffung energiesparender Geräte — ausdrücklich auch Autos — vor.
Die Kohlendioxide, die die landeseigenen Autos aus den Auspuffrohren blasen, sind dabei nicht zu verachten. 6,7 Millionen Liter Benzin verballern Bügermeister und Beamte jährlich. Dies sei ein halbes Prozent vom Autobenzin, daß abgebrannt in die Berliner Luft gepustet wird, sagt Umweltfachmann Berger. Im vergangenen Jahr hatte Heckelmann 339 neue Automobile angeschafft (gleichzeitig 73 Fahrräder).
Angesichts dieser Energiepolitik sind die Aussagen von Lutz Wicke (CDU), Umweltstaatssekretär, und Klaus Landowsky, CDU-Fraktionsführer, der reinste Treppenwitz. Sie hatten vergangene Woche in einer Tageszeitung geäußert, daß neben Bus, Bahn und Rad auch leise, sparsame Lastwagen und Autos begünstigt und gefördert werden sollen — nur welche, wenn noch nicht einmal die landeseigenen Staatskarossen? diak
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