Körperkonstellationen

■ Inszenierte Materialrivalität der Künstlerinnengruppe »Bogen 3« in der »Galerie am Prater« in Prenzlauer Berg

Zwei Ausstellungen derselben Künstlerinnengruppe im Ostberliner Stadtteil Prenzlauer Berg: Obwohl jeweils drei Frauen ausstellen, stellen sie sich nicht aus. Die beiden Installationen zeigen, daß es den Künstlerinnen weder um Name, Zahl und Bildtitel geht, daß sie auch nicht den Glanz des Einzelobjekts suchen, sondern die verbindende Form: wie der Name der Gruppe schon sagt, »Bogen 3«.

Bögen durchlaufen die Fotos von Tina Bara, die Malerei von Ellen Fuhr und die Skulpturen von Liz Mields- Kratochwil. Die Arbeiten wollen das Gemeinsame, die Bewegung, trotz des unterschiedlichen Materials sichtbar machen: die in sich schwingenden Bogen- und Kurvengefüge sind schon diese Korrespondenzen — auch über die Ferne der beiden Ausstellorte hinweg.

Während sich im intimeren Rahmen der »Galerie am Prater« die zusammengeordneten Objekte vielbezüglich spiegeln, reiht sich im Vorraum der »Kommode« das Ausgestellte für den Eintretenden frontal und serienmäßig auf. Dennoch geht der Bogen durch: die Körperkurven der fotografierten Frau mit Kind setzen sich fort in den Linien der gemalten Porträts und gezeichneten Büsten, sie laufen hinein in die großen, bogenhaften, leicht kubischen Skulpturen. Das Spannungsverhältnis zweier zugewandter Körper ist nur ein Ausschnitt der inszenierten Malerrivalität im Raum. Die fragile Installation lebt von dieser verzweigten und unterbrochenen Linie mit ihren Knoten, ihren in sich kontrastreichen Verdickungen.

Auf einem vertikalen Fototriptychon in der Galerie am Prater liegt der nackte Rücken einer Frau zwischen einer Stacheldrahtkrone und einem dornigen Rosenstil. Dieses in sich den Mauerdraht verlängernde Rückgrat läuft durch die ganze Ausstellung hindurch: durch die abgelichteten, skeptischen Gesichter mit den grobkörnigen Häuten, durch die Todesstreifen, in deren Biegung sich eine Kinnkurve wiederholt, durch die Porträts mit den drahtgeflechtigen Schultern. Oft ist der Bogen allerdings auch in sich verdreht, wird Verknotung, Verhärtung, Krampf.

Die gichtigen Hände auf einem Foto entsprechen den Collagen mit den abstrakten Verwindungen, die an Gelenke erinnern, aber auch an Mauerteile, die am Umfallen sind. Das so entstehende düstere Bild wird verstärkt durch die vorherrschende Braun-grau-schwarz-Tönung und durch die Skulpturen mit den verhauenen Zügen, aus denen die Gesichter getilgt sind.

Was bleibt, sind leere Projektionsflächen: Todesstreifen ebenso wie aufgeblähte Fotohäute. o.T. ist der Titel der Doppelausstellung. Von Namenlosigkeit spricht die Erfahrung, die sich in diesem Bogen ausspannt. Michaela Ott

Ausstellungen bis zum 17.1.92 in der »Galerie am Prater«, Kastanienallee 100 in Prenzlauer Berg , Di-Fr 13-18, Sa 13-17 Uhr; in der »Kommode«, August-Bebel-Platz, Mo-Fr 9-22, Sa 9-14 Uhr.