Warnstreiks beim Stahl als Tarifauftakt für 92

Berlin (taz) — Bis zu 50.000 Stahlarbeiter sollen sich heute nach einer Ankündigung der Industriegewerkschaft Metall an „massiven Warnstreiks“ und Demonstrationen beteiligen, um ihren Tarifforderungen für die morgige dritte Verhandlungsrunde Nachdruck zu verleihen. Aufgerufen sind die 135.000 Beschäftigten der Stahlindustrie in Nordrhein- Westfalen, Bremen und Niedersachsen. Die Ankündigung der Gewerkschaft zeigt an, daß die Stahltarifrunde jetzt allmählich in ihre heiße Phase kommt. Der IGM-Verhandlungsführer Lorenz Brockhues kündigte an, daß die Tarifkommission der Gewerkschaft vielleicht noch vor Weihnachten das Scheitern der Verhandlungen erklären könnte, wenn die Arbeitgeber sich nicht bewegen. Nach einer Urabstimmung im Januar wäre dann der Weg zum Erzwingungsstreik frei. Der Aufruf der Metallgewerkschaft ist möglicherweise der Auftakt zu einer konfliktreichen Tarifrunde 92. Denn während die Gewerkschaften durchweg um die zehn Prozent fordern und unter dem Druck ihrer Mitglieder im nächsten Jahr eine reale Lohnsteigerung präsentieren müssen, beziehen die Arbeitgeber — unterstützt von Wirtschaftsminister Möllemann — eine harte Gegenposition. Der neue Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Hans-Joachim Gottschol, verkündete am Wochenende, der Abschluß 92 müsse „ganz erheblich unter dem des Vorjahres bleiben“. Der Abschluß 91 sei mit sieben Prozent weit über die Möglichkeiten der Firmen hinausgegangen. IGM- Chef Franz Steinkühler dagegen erklärte, seine Organisation werde eine „schamlose weitere Drehung an der Umverteilungsschraube zu Lasten der Arbeitnehmer in West und Ost nicht zulassen“. Die kommunalen Arbeitgeber haben unterdessen an die Gewerkschaften ÖTV und DAG appelliert, bei der anstehenden Tarifrunde im öffentlichen Dienst „Augenmaß zu beweisen“. DAG- Chef Roland Issen dagegen, dessen Organisation Einkommensverbesserungen von 9,5 Prozent für den öffentlichen Dienst fordert, meinte gestern, die Arbeitnehmer müßten angemessen am Wirtschaftswachstum beteiligt werden. Die ÖTV will ihre Forderung für den öffentlichen Dienst am 17.Dezember vorlegen. Der Tarifvertrag für die alten Bundesländer läuft Ende des Jahres aus. marke