Allianz unter Bestechungsverdacht

■ Hauptfirmensitze der Allianz durchsucht/ Ermittlungen wegen Manipulation beim Verkauf der Ex-DDR-Versicherung (DVAG)/ Treuhand will weitere Anteile der DVAG an die Allianz verkaufen

Berlin (dpa/taz) — Die Berliner Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei haben am Montag bundesweit 50 Wohn- und Geschäftsräume durchsuchen lassen. Die Ermittlungen stehen im Zusammenhang mit dem Verkauf der früheren DDR- Versicherung an die Allianz AG im Juni 1990. Bei der Durchsuchungsaktion ist nach Angaben des Versicherungskonzerns auch in den beiden Hauptfirmensitzen der Allianz in Stuttgart und München nach Beweismaterial gefahndet worden.

Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, daß bei der Privatisierung der DDR-Versicherung unter der Regierung von Hans Modrow (PDS) im Juni 1990 „unrechtmäßige Vorteile gewährt oder angenommen wurden“, sagte die Berliner Justizsprecherin Uta Fölster. Auch die PDS-Zentrale in Berlin wurde gestern im Zusammenhang mit Geschäften der DDR-Versicherung durchsucht.

Wie aus Berliner Sicherheitskreisen zu erfahren war, richten sich die Beschuldigungen wegen des Verkaufs der DDR-Versicherung unter anderem gegen deren ehemaligen Generaldirektor Günther Hein. Die Allianz hatte im Juni vergangenen Jahres 51 Prozent der Anteile an dem Nachfolgeunternehmen der DDR- Versicherung, der Deutschen Versicherungsgesellschaft AG (DVAG), für 270 Millionen Mark erworben. Wie aus diesen Kreisen weiter bekannt wurde, sollen auch ein Vorstandsmitglied und der Justitiar der Versicherungs AG unter den Beschuldigten sein. Die Staatsanwaltschaft ermittle weiter „gegen Verantwortliche der Allianz Versicherungs Holding AG beziehungsweise der Allianz-Versicherungsgruppe auf der Ebene der Vorstandsmitglieder/Prokuristen“, hieß es.

Justizsprecherin Uta Fölster wollte dies nicht bestätigen. Nach ihren Angaben seien ehemalige Mitarbeiter der früheren DDR-Versicherung und andere bislang unbekannte Personen verdächtig.

Justizsprecherin Fölster betonte, es werde auch nicht mehr dem Verdacht nachgegangen, daß die Staatliche DDR-Versicherung unter Preis an die Allianz gegangen sei. In diesem Zusammenhang hatte die Berliner Staatsanwaltschaft seit gut einem halben Jahr auf Grund einer Anzeige ermittelt. Der unbekannte Anzeigende hatte behauptet, daß die Staatliche Versicherung um 1,5 Milliarden Mark zu preisgünstig verkauft worden sei.

Die Sprecherin der Allianz, Imai- Alexandra Roehreke, teilte mit, daß sich ihr Unternehmen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Staatlichen Versicherung „nichts zuschulden hat kommen lassen“. Ihre Firma sei an einer Aufklärung der Vorwürfe interessiert und arbeite mit den Ermittlungsbehörden zusammen. In Sicherheitskreisen hieß es, es sei unter anderem in Berlin, Stuttgart, Magdeburg, Göttingen, Wiesbaden, München und Köln durchsucht worden. Auch die Wohnungen des letzten DDR-Finanzministers, Walter Romberg (SPD), und eines Ex-Finanzstaatssekretärs seien in Augenschein genommen worden. Ob Beweismaterial sichergestellt werden konnte, blieb unklar. Die Aktion in der Zentrale der PDS in Berlin stand im Zusammenhang mit dem ehemaligen Rentenfonds der SED/PDS. Nach Angaben von Justizsprecherin Fölster geht es um „vermögensschädigende Handlungen“ bei der Verwaltung des der Staatlichen Versicherung übertragenen Rentenfonds. Bekannt wurde, daß unter den Beschuldigten auch der ehemalige PDS-Vizechef Wolfgang Pohl ist. Pohl steht bereits im Zusammenhang mit dem illegalen Transfer von 107 Millionen Mark der PDS ins Ausland vor dem Berliner Landgericht.

In der Treuhand wird gegenwärtig offensichtlich erwogen, weitere Anteile der DVAG an die Allianz zu verkaufen. Nach Presseberichten soll der Anteil der Allianz um 24 Prozent minus eine Aktie erhöht werden. Der Treuhand-Verwaltungsrat sollte dem Geschäft gestern zustimmen. Die Allianz soll für das Aktienpaket 359,5 Millionen Mark zahlen. Der Treuhand bleibt damit eine Sperrminorität.