: „Es gibt Gefangene, denen hilft man nicht“
■ Anstaltsleitung verweigert Entlassungsvorbereitung
Die „Mai-Revolte“ (1990) von „Santa Fu“ ist schon 18 Monate vorüber. Ich bin damals wegen Rädelsführerschaft ins Schwabenland nach Heilbronn verbannt worden. Bisher waren alle Versuche, nach Hamburg zurückzugelangen, vergebens. Mit der Zeit habe ich mich damit abgefunden, daß ich hier meine Haftzeit verbüße. Am 24.Jnauar 1992 ist dann nun auch meine Haftzeit vollends verbüßt.
Die weite und lange Abwesenheit von Hamburg hat es mit sich gebracht, daß alle Kontakte und Bindungen abgebrochen und zerbrochen sind. Am 24.Januar 1992 werde ich also in Hamburg, Hauptbahnhof, ankommen, so gegen 17Uhr an einem Freitag. Wochenende vor der Tür, und ich steh' auf der Straße. So sieht es bis jetzt aus, und ich glaube auch nicht, daß sich daran viel ändert, außer wenn mich jemand unterstützt, eine Unterkunft (Wohnung) zu finden. Wohnheime als Unterkunft sind mir zuwider.
Vor einiger Zeit hatte ich einen der Anstaltsleiter angesprochen, wie man sich denn meine Entlassungsvorbereitung vorstellt. Die Antwort war folgende: „Es gibt Gefangene, denen hilft man, und es gibt Gefangene, die keine Hilfe bekommen“, und zu den letzteren gehöre ich. Ich erhalte keine Hilfe und Unterstützung der JVA Heilbronn für die Entlassungsvorbereitung. Ich müßte schon selber sehen, wie ich dies bewerkstellige. Es wurden mir gegenüber auch noch andere Dinge zum Ausdruck gebracht, aber die kann ich nicht im Brief erwähnen, weil dieser dann angehalten wird.
Leider gibt es keinen Paragraphen im StVollzG, der besagt, daß eine Entlassungsvorbereitung gemacht werden muß, da gibt es auch nur eine Kann- oder auch Soll-Bestimmung. Beide sind nicht zwingend.
Jetzt, wo wir nicht mehr in den Medien erscheinen und somit nicht mehr im Blickpunkt stehen, versucht die Justiz uns doch noch in den Dreck zu treten, indem sie uns keine vorzeitige Entlassung gewährt und auch nicht bei der Entlassungsvorbereitung hilft. Vielleicht könnt Ihr mir ja helfen oder habt eine Idee, wie ich zu einer Wohnung oder einem Zimmer komme, so daß ich am 24.Januar 1992 nicht allein auf dem Bahnsteig stehe. Eine WG würde ich auch vorübergehend in Kauf nehmen. M.F.
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