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Die Nacht danach

DIENACHTDANACH Weite Robe, blutig rot,

weht durch kalte Wälder.

Stille Nacht, ein Schneesturm tobt,

Mondlicht fällt auf Felder.

In der Hütte brennt ein Licht,

Kinderhände betteln:

»Jesus laß uns nicht im Stich«,

schreiben sie auf Zetteln.

Doch umsonst — die Tür bricht ein,

drohend hebt ein Riese

seine Knute, hart wie Stein.

Dabei grinst er fiese.

»Rückt es raus, den Zuckerkram,

Marzipan und Stollen!

Auch die schöne Eisenbahn

und den Gänsebollen!«

Doch die Kinder wollen nicht,

diese kleinen Toren,

Riese ihre Ärmchen bricht

und auch beide Ohren.

Peter heult, er blutet stark,

Marlies wimmert leise.

Beide sind sie blaß wie Quark,

spucken Rotz und Speise.

Riese schlägt noch einmal zu,

voller Kraft und Willen.

Kurzes Zucken — dann ist Ruh'.

Riese grinst im stillen.

Steckt den Weihnachtsbaum in Brand,

wer will ihn dran hindern?

Macht sich auf ins weite Land

zu den nächsten Kindern.Werner (Erstveröffentlichung)

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