Der Abgang von Strauß-Spezi Lengl

■ Entwicklungshilfeminister Spranger schickt seinen Staatssekretär Siegfried Lengl in den einstweiligen Ruhestand/ Lengl war wegen seiner eigenmächtigen Entscheidungen auch in der CDU/CSU umstritten

Bonn (taz) — Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) Carl-Dieter Spranger (CSU) will sich von seinem seit langem umstrittenen Staatssekretär und Parteikollegen Siegfried Lengl trennen. Spranger will Lengl zum 31. Januar in den einstweiligen Ruhestand versetzen lassen, bestätigte gestern die Sprecherin des Ministeriums.

Zuletzt hatte sich Lengl, der 1982 auf Betreiben des verstorbenen CSU-Chefs Franz Josef Strauß in sein Amt kam, wegen seines allzu herzlichen Umgangs mit der chinesischen Regierung heftige Kritik eingehandelt.

Bei einer Reise einer BMZ-Delegation Anfang Juni hatte Lengl Chinas Ministerpräsidenten Li Peng, einen der Hauptverantwortlichen für das Pekinger Massaker von 1989, mit einer Umarmung begrüßt. Noch dazu zeigte sich Lengl von der „jetzigen stabilen Lage in China tief beeindruckt“. Die Junge Union und die Sozialdemokraten forderten damals schon Lengls Rücktritt. Doch starker Druck aus der Münchner Parteizentrale bewahrte Lengl vor dem Rausschmiß.

Doch nicht nur sein Auftritt in China, auch die Entwicklungshilfepolitik des Staatssekretärs war umstritten — selbst in den eigenen Reihen. Der entwicklungspolitische Sprecher der Unionsfraktion Wilfried Pinger bezeichnete bereits im Dezember 1990 die von Lengl betriebenen China-Projekte als „politisch töricht“. Sie würden außerdem eklatant gegen Auflagen des Bundestages verstoßen. Nach Berichten des Spiegels unterzeichnete das BMZ Darlehens- und Finanzierungsverträge in Höhe von 561,6 Millionen Mark, obwohl die finanzielle Zusammenarbeit mit China im Juni 1989 offiziell ausgesetzt worden war.

Lengl war für seine Alleingänge bekannt. Gegen das Votum des Auswärtigen Amtes und den Rat der Umweltabteilung im BMZ wollte Lengl deutschstämmigen mennonitischen Großgrundbesitzern in Paraguay 40 Millionen Mark für Stromleitungen zum Wasserkraftwerk Itaipu zukommen lassen. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau stufte das Projekt als „weder prüfungswürdig noch prüfungsfähig“ ein. Unbeirrt sagte Lengl die 40 Millionen Mark dennoch verbindlich zu.

Der gelernte Forstwirt war die graue Eminenz im Entwicklungshilfeministerium. Er legte sich, wenn es darauf ankam, auch mit seinem Vorgesetzten Spranger an. Ein von Spranger befürwortetes Seminar der GTZ mit afrikanischen Teilnehmern zum Problem der Korruption in der Entwicklungshilfe sagte Lengl kurzerhand ab. Lengl, der sich seiner Freundschaft zu afrikanischen Alleinherrschern rühmt, begründete dies damit, daß sich die Deutschen ja nicht gerade „an die Spitze“ der Antikorruptionsfront in Afrika setzen müßten.

Lengl muß geahnt haben, daß er sich des Rückhalts seiner Parteikollegen nicht mehr lange gewiß sein konnte. Nachdem er dem Bundestagsausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit über seinen China- Besuch Bericht erstattet hatte, ließ er wissen: „Ich bin bald 59, habe 75 Prozent und bin schwerbehindert.“ Lengls Nachfolger soll der bisherige Abteilungsleiter im Bundesinnenministerium Wighardt Härdtel werden. win