Nachgefragt: Rodins Erotik lockte

taz: An eine Verlängerung der Rodin-Ausstellung ist wirklich nicht zu denken?

Siegfried Salzmann, Direktor der Kunsthalle: Nein, weil die Leihgeber ohnehin schon die größten Schwierigkeiten haben, die vielen Zeichnungen und Aquarelle für Bremen und Düsseldorf zur Verfügung zu stellen, denn normalerweise werden die höchstens drei Monate ausgeliehen. Wir brauchten aber mindestens zwei Institute, die die Ausstellung tragen, damit das finanziell überhaupt durchführbar war.

Wie kamen die Begleitveranstaltungen an?

Sehr gut. Daß wir in der Lage waren, in den etwas improvisiert ausgebauten Räumen Videofilme zu zeigen, die vielen Vorträge und Führungen, auch die Zusammenarbeit mit der Shakespeare-Company — das alles wurde vom Publikum sehr positiv aufgenommen.

Werden Sie ein Plus für die Kunsthalle verbuchen können?

Ich hoffe es sehr, denn: Wir bekommen keinen Pfennig für Ausstellungen vom Land Bremen und der Stadtgemeinde. Ich hoffe, daß endlich die Einsicht wächst, daß ein solches Institut einen Basisbetrag braucht für solche Aktivitäten, um überhaupt planen zu können.

Diese Ausstellung ist nur realisiert worden mit Hilfe der Waldemar- Koch-Stiftung, die uns im Sommer letzten Jahres einen Zuschuß gegeben hat. Bis dahin habe ich das quasi allein verantwortet — die Maschinerie lief und das ganze Objekt kostet über eine halbe Million Mark. Der Vorstand des Kunstvereins hat erst im Juni vergangenen Jahres seine Zustimmung gegeben, nachdem das Geld der Waldemar-Koch- Stiftung da war.

Und das sind unzumutbare Verhältnisse. Vor allem, wenn man sie in Bezug setzt zu solchen Defiziten, wie sie sich Behörden mit 2,7 Millionen bei „Peter dem Großen“ erlauben. Die örtlichen Einrichtungen dürfen einfach nicht so ausgepowert und ausgehungert werden.

Wie haben Sie für die Ausstellung geworben?

Wir haben dank der Koch-Stiftung das erste Mal plakatiert, auch im Umland bis hin nach Emden, Wilhelmshaven, Hamburg und Hannover. Jede zweite Litfaßsäule — mehr konnten wir uns nicht erlauben. Das hatte offensichtlich großen Erfolg.

Es ist ja auch das erste Mal, daß Rodin aus einem solch speziellen Blickwinkel gezeigt wurde.

Ja. Neben dem Lokalbezug, dieser Schiene „Rilke-Pauli“ (Rilke — sein Sekretär, Pauli — der als erster Direktor der Kunsthalle neun Skulpturen von Rodin kaufte) sind die übergeordneten Aspekte „Eros und Sexus“. Die sind in den bisherigen Ausstellungen, zu kurz gekommen. Das hat sicher auch Publikum angezogen.

Haben sich interessante Diskussionen in der Fachwelt ergeben?

Ja, sehr. Es war z.B. unbekannt, daß sich Beuys sehr intensiv mit Rodin auseinandergesetzt hat. Es hat erhebliche Neuigkeiten gegeben. Das alles ist im Katalog wiedergegeben.

Haben auch Feministinnen auf die Ausstellung reagiert?

Nein, überhaupt nicht. Lediglich in der Süddeutschen wurde beklagt, daß wir mehr Skulpturen von Camille Claudel hätten zeigen sollen. Wir haben das aber für falsch gehalten. Weil wir nicht Claudel sondern Rodin darstellen. ra