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Eine echte 'Super!‘-Seilschaft

■ Hilfreiche Zusammenarbeit beim Fall des Frauenmörders »Bestie von Beelitz«

Berlin/München. Die Berichterstattung des Burda- Blatts 'Super!‘-Zeitung über die »Bestie von Beelitz«, den mehrfachen Frauenmörder Wolfgang Schmidt, hat dem Boulevardjournalismus im Osten ganz neue Schlachtfelder der Geschmack- und Gewissenlosigkeit eröffnet. Nicht nur, daß 'Super!‘ ein Nacktfoto der Freundin mit Balken über Brust und Scham auf der Titelseite veröffentlicht hatte und sie dann später mit einem Sekretärinnenjob belohnte — nein, sie soll auch enge Beziehungen zum Strafverteidiger des Mörders und anderen Beteiligten des Prozesses unterhalten haben. Das berichtete das 'SZ-Magazin‘ der 'Süddeutschen Zeitung‘ in seiner Ausgabe vom Freitag.

Danach soll der inzwischen fristlos entlassene ‘Super!‘-Chefreporter Ronald Matthäi ein ungewöhnlich gutes Verhältnis zum leitenden Oberstaatsanwalt Lothar Kuntze aus Nordrhein-Westfalen haben, der in Potsdam im Auftrag des Justizministers die neue Generalstaatsanwaltschaft aufbaut. Außerdem soll der Pflichtverteidiger des Frauenmörders, Ulrich Bauschulte, laut 'SZ-Magazin‘ Sozius einer Anwaltskanzlei, zum 'Super!‘-Reporter Matthäi bereits engsten Kontakt gehabt haben, als er noch in Westdeutschland arbeitete. Der Pflichtverteidiger ist von dem aus Köln nach Potsdam abgeordneten Richter Hans-Walter Ehrenstein ernannt worden.

Laut Bericht des 'SZ-Magazins‘ könnte der ebenfalls nach Potsdam gewechselte Oberstaatsanwalt Kuntze vermutlich auch der 'Super!‘-Zeitung Entwicklungshilfe geleistet haben. Diese nämlich veröffentlichte am 10. August 1991 das Geständnis (d.h. die Vernehmungsprotokolle) »im Wortlaut«. Der Staatsanwalt und der Reporter kennen sich laut 'SZ-Magazin‘ jedenfalls schon aus Nordrhein-Westfalen, als Matthäi für eine westdeutsche Illustrierte arbeitete. Damals hob der Reporter Berichte ins Blatt, über deren Detailgetreue sowohl die Polizei als auch die Kollegen sehr verwundert waren. Die Staatsanwaltschaft in Potsdam hat nun zwar ein Ermittlungsverfahren »wegen des Verdachts des Geheimnisverrats« eingeleitet, forscht allerdings nicht in ihren eigenen Reihen. Laut 'SZ-Magazin‘ geht der Potsdamer Presse-Staatsanwalt Hans Dieter Menden davon aus, daß die Informationen nur von einem »Polizeibeamten aus dem Osten« stammen, »der die neuen Bestimmungen noch nicht so genau kennt«.

Der Bericht hatte ursprünglich schon im alten Jahr erscheinen sollen. Matthäi erwirkte beim Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung »wegen falscher, rechtswidriger Behauptungen«. Dazu legte er Korrekturabzüge des Artikels als Beweise vor. Sie waren, wie das 'SZ-Magazin‘ berichtet, kurz vor ihrer Veröffentlichung aus der Druckerei entwendet worden. Die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wies die einstweilige Verfügung in fünf Punkten zurück. Nur eine Behauptung mußte aus dem Bericht gestrichen werden. kotte

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