: Töpfer gegen Fischer: Remis
Noch keine Entscheidung über die Wiederaufnahme der MOX-Produktion in Hanau/ Plutonium in sogenannten Handschuhkästen kein Argument für erneute Produktion ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Frankfurt/Main (taz) — Der hessische Umweltminister Joschka Fischer fuhr gestern nur mit einem „halben Sieg“ in der Tasche zurück nach Wiesbaden. Zwar verzichtete Bundesumweltminister Klaus Töpfer bei dem Treffen in Bonn darauf, seinen grünen Kontrahenten im Rahmen des bundesaufsichtlichen Gesprächs zur umgehenden Wiederaufnahme der Produktion von Mischoxyd-(MOX)-Brennelementen in Hanau zu nötigen. Töpfer kündigte aber an, in Kürze eine Entscheidung über die Verarbeitung des noch in der Produktionshalle der Firma Siemens lagernde Uran und Plutonium herbeizuführen. MOX-Brennelemente bestehen aus einem Uran-Plutonium-Gemisch. Mit zwei Stillegungsverfügungen hatte Fischer schon im Sommer die gesamte MOX-Produktion in Hanau lahmgelegt.
Gegen die Ankündigung Töpfers, die Produktion zur Verarbeitung der noch im Brennelementewerk vorhandenen Spaltstoffe wieder aufnehmen zu wollen, kündigte der hessische Umweltminister nachdrücklich sein Veto an. Sollten die Anlagen zur Herstellung der MOX-Brennelemente tatsächlich wieder angefahren werden, müsse mit Wasserstoff- Verpuffungen gerechnet werden — ein „erhebliches Risiko“, so Fischer. Falls Töpfer dennoch seine Weisung erteile, müsse der CDU- Bundesumweltminister die „volle politische, tatsächliche und juristische Verantwortung“ übernehmen. Wie Fischers Pressesprecher Georg Dick auf Nachfrage erklärte, werde man sich auch in Wiesbaden mit der Frage beschäftigen, was mit dem noch in sogenannten Handschuhkästen abgepackten Uran und Plutonium in der stillgelegten Siemens- Atomfabrik zu tun sei. Auf keinen Fall dürfe die Beseitigung dieses Gefahrenherdes aber für den Wiedereinstieg in die Produktion mißbraucht werden.
Bei dem gut zweieinhalbstündigen Gespräch zwischen Töpfer und Fischer spielte die Gültigkeit der noch von Fischers Vorgänger Karlheinz Weimar (CDU) erteilten fünften Teilgenehmigung für den Neubau einer MOX-Brennelementefabrik auf dem Siemens-Gelände in Hanau keine Rolle. Weil die Genehmigungsakten in der Ägide Weimar ausgerechnet im Siemens-Brennelementewerk „zwischengelagert“ wurden und es dort zu Manipulationen an den Akten gekommen sein soll, erwog Fischer aus rechtlichen Gründen eine Aufhebung der Weimarschen Teilgenehmigung. Inzwischen beschäftigt sich auf Veranlassung des grünen Ministers das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Treuarbeit mit der Sachverhaltsaufklärung und mit den sich daraus ergebenden juristischen Konsequenzen für den Fortbestand der letzten Teilgenehmigung des Neubaus. Töpfer hatte diese „Einschaltung einer unabhängigen dritten Stelle“ nachträglich ausdrücklich gebilligt. Ob die Firma Siemens unter diesen Umständen die Genehmigung für eine „MOX-Übergangsproduktion“ bis zur Fertigstellung der neuen Produktionsanlagen beantragen könne, konnte in dem Bundesaufsichtsgespräch gleichfalls nicht geklärt werden.
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