Frauenarbeit als gleich anerkennen

■ Tagung von Forscherinnen über Arbeit und weibliche Lebensentwürfe

Sind Um- und Abwege im Lebenslauf die (un)heimliche Stärke von Frauen? Die Fraueninformationstage versuchten mit einer Podiumsdiskussion, diese Frage zu klären. Dabei stellte die Bremer Sozialwissenschaftlerin Mechthild Oechsle gleich zu Beginn fest: „Umwege“ seien so nicht thematisierbar, da Frauen bisher keine durchgängigen Lebensziele haben. Für Oechsle ist die „unheimliche Stärke“ daher eher ein „Mangel an Kontrolle.“ Die Forscherin aus dem Sonderforschungsbereich „Statuspassagen“, der sich mit Biographien und Lebensentwürfen beschäftigt, berichtete: Frauen suchen in der Arbeit nach Sinnhaftigkeit und nicht nach den materiellen Vorteilen einer beruflichen Karriere wie Sicherheit, steigendem Einkommen etc.

Entsprechend wenig entwickelt hätten Frauen den strategischen Umgang mit ihrer Arbeitskraft und Planungsperpektiven über die konkrete Situation hinaus. Sie orientieren sich stattdessen stärker am Kontext ihrer gegenwärtigen Lebensphase. „Das hat natürlich Folgen für die Planbarkeit in Betrieben“, erklärte Mechthild Oechsle. Daß dies so ist, sei auf den Mangel schlüssiger Leitbilder zurückzuführen. Vielmehr ist nach Ansicht der Sozialwissenschaftlerin der doppelte Lebensentwurf (erwerbstätig und Mutter zu sein) mittlerweile zum stillschweigenden Maßstab geworden, der zwangsläufig überfordere — selbst wenn sich die Frau für den traditionellen Lebensweg entscheidet.

An diesem Punkt setzte Brigitte Melinkat von der Bremer „Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF)“ in der Debatte an: „Es fehlt ein Konzept, das Arbeit anders definiert.“ Denn darauf, daß Frauen Zeit für Kinder haben wollen, hätten weder Politik noch gesellschaftliche Entwürfe eine Antwort. Und auch die Frauen diskutieren dies zu wenig, meinte Melinkat.

Konzepte zur Kinderbetreuung und Erziehungsgeld bezeichnete sie als Flickwerk. Nur eine ökonomisch abgesicherte Betreuung (über Lohnersatzleistung) könne auch Männern Anreiz bieten, Betreuungsaufgaben zu übernehmen und so einen Bewußtseinswandel einleiten. Kirsten Tilmann, Betriebsrätin in der Metallindustrie, bestätigte: „Solange Männer zwei Gehaltsgruppen höher eingestuft sind, bleiben Förderpläne Makulatur.“ Sie forderte für Mütter den Sechs-Stunden-Tag oder ein Jahresarbeitszeitkonto.

Der Lebensweg von Frauen, ihr Bedürfnis, je nach Lebensumständen mehr oder weniger stark in den Beruf einzusteigen, darf nicht als „Sonderregelung“, sondern als „völlig normal“ angesehen werden, entwarf die Familien- und Alltagsforscherin Gisela Erler dagegen eine ganz andere Strategie zur Integration von Frauen ins Erwerbsleben. Voraussetzung: Die gleichwertige Arbeit von Frauen müsse gleichberechtigt und anerkannt werden. In der Arbeit von Frauen würden viele Kompetenzen stillschweigend vorausgesetzt, die die Arbeit von Männern in vergleichbaren Bereichen höherwertiger erscheinen lassen — nur weil sie in der Arbeitsfeldbeschreibung detailliert aufgelistet sind. Als Beispiele einer entsprechenden Studie nannte Gisela Erler die Arbeit des Affenpflegers im Zoo, die höher eingestuft würde als die einer Erzieherin. „Sogar eine Toilettenfrau braucht zahlreiche soziale Kompetenzen: Sie muß oft Zusammengebrochenes auflesen, sozial betreuen, muß mit Chemikalien umgehen“, so Erler. Doch da die Frauen ihre Arbeit selbst geringschätzen, trügen sie ihre Diskriminierung mit. ra