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Schluß der Debatte, ich mach's!

Der SPD-Vorsitzende Engholm erklärt sich zum Kanzlerkandidaten/ Kein anderes Präsidiumsmitglied habe Bereitschaft zur Kandidatur erkennen lassen/ SPD hält am Asylkompromiß fest  ■ Aus Bonn Andreas Zumach

Der SPD-Parteivorsitzende und Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Björn Engholm, tritt als Kanzlerkandidat seiner Partei bei den Bundestagswahlen im Herbst 1994 an. Engholm erklärte seine Bereitschaft zur Kandidatur gestern vor dem SPD-Präsidium in Bonn.

Nach Auskunft Engholms wurde seine Erklärung vom Parteipräsidium „einhellig und einstimmig begrüßt“. Kein anderes Präsidiumsmitglied habe die Absicht zur Kandidatur erkennen lassen. Engholm setzte sich mit seinem Verfahrensvorschlag durch, wonach sich die führenden Gremien der Partei im Frühjahr 1993 zunächst mit den dann vorliegenden Kandidaturen befassen und eine Empfehlung aussprechen sollen. Die formale Wahl des Kanzlerkandidaten erfolgt auf dem ordentlichen Parteitag im Herbst 1993. Angesprochen auf die Wahlchancen seiner Partei, erklärte Engholm, diese seien „gut“ bei den kommenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg sowie in seinem eigenem Bundesland Schleswig-Holstein. Für die Bundestagswahl im Herbst 1994 könne man jetzt noch keine Prophezeiung machen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Hans- Ulrich Klose, hatte die Chancen seiner Partei für 1994 am Sonntag skeptisch beurteilt. Engholm äußerte die Hoffnung, daß mit dem gestrigen Beschluß des Parteipräsidiums die monatelange Debatte um die Kanzlerkandidatur beendet sei und sich die Partei „nun endlich wieder auf Sachfragen konzentrieren und eine schärfere Oppositionsrolle spielen“ könne. Mit Klose habe er in der Vergangenheit „weder politisch noch persönlich jemals Krach gehabt“. Es habe jedoch Kommunikationsprobleme gegeben, die künftig abgestellt werden sollen.

In einer Vertrauenserklärung für Stolpe erklärte das Präsidium, der ehemalige Generalsekretär der evangelischen Kirche in DDR leiste „wichtige Aufklärungsarbeit über die Schwierigkeit des Überlebens dieser Kirche“ zur damaligen Zeit. Stolpe habe Freiräume für kirchliche Arbeit und Mitarbeiter sowie zahlreiche menschliche Erleichterungen geschaffen, den Menschen genutzt und nicht geschadet.

In der bislang vor allem zwischen der SPD-Zentrale und dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder umstrittenen Asylrechtsfrage (siehe Interview auf Seite 6) beschloß das Präsidium mit Zustimmung Schröders, weiterhin an den im Herbst letzten Jahres bei einer All-Parteien-Besprechung im Kanzleramt erzielten Vereinbarungen festzuhalten. Laut Engholm spreche „einiges dafür, daß diese Vereinbarung in den nachfolgend vom Kanzleramtsminister Seiters formulierten Verfahrensrichtlinien nicht voll umgesetzt“ wurde. Anreas Zumach

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