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Rechtsanwälte entlasten Humboldt-Rektor Fink

■ Fink sei selbst jahrelang Objekt der Stasi-Bespitzelung gewesen/ Schwere Vorwürfe gegen Gauck-Behörde und Erhardt

Mitte. Schwere Vorwürfe gegen den Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) haben die Rechtsanwälte des entlassenen Humboldt- Rektors Heinrich Fink erhoben. Zugleich entlasteten sie Fink von dem Vorwurf, für die Stasi als Informeller Mitarbeiter (IM) tätig gewesen zu sein. Rechtsanwalt Reiner Geulen, Prozeßbevollmächtigter der Humboldt-Universität, erklärte nach der Akteneinsicht in der Gauck-Behörde, Erhardt habe »fahrlässig und leichtfertig gehandelt«. Kein Dienstherr sei berechtigt, aufgrund von »vagen Formulierungen« Entlassungen vorzunehmen.

Die Rechtsanwälte Lutz Seybold und Gert Trube erklärten, Fink sei ohne sein Wissen als Inoffizieller Mitarbeiter durch die Hauptabteilung XX/4 der Stasi geführt worden. Das sei auch das Ergebnis von Gesprächen mit den Stasi-Offizieren Wiegand und Roßberg gewesen, die in der Hauptabteilung leitende Funktionen inne hatten. Fink sei der Stasi aufgrund seiner Kontakte zum Ausland und seines Eintretens für Israel zu »unsicher« gewesen, so Seybold. Ein Anwerbungsgespräch sei nie mit Fink geführt worden, weil die Stasi vermutete, daß fünf Geheimdienste an ihm gehangen hätten. Auch in den vier Akten, die im Dezember 1989 vernichtet wurden, seien nach Auskunft der Stasi-Offiziere nur Berichte über Fink gewesen.

Deutliche Kritik meldeten sie an der Arbeitsweise der Gauck-Behörde an. Schon bei »oberflächlicher Betrachtung« sei ersichtlich, daß die Angabe über den Zeitpunkt der Registrierung als IM mehr als fraglich sei, erklärte Seybold. So gebe es nicht nur die von der Gauck-Behörde an Erhardt erwähnte Registrierung eines IM-Vorgangs »Heiner« vom 4.4.1969, sondern auch zwei weitere vom 10. und 12.2.1969. Das werfe ein Schlaglicht auf die »mangelhafte Sorgfalt« der Gauck-Behörde.

Weiteres entlastendes Material wollen die Rechtsanwälte in der Handakte des Stasi-Führungsoffiziers Laux gefunden haben, der Fink unter dem Decknamen »Heiner« bis 1971 geführt haben soll. Aus der Akte, die 1958 beginne und bis mindestens Oktober 1969 reiche, ergebe sich, daß auf Fink rund 20 IMs angesetzt worden seien. Darin befänden sich unter anderem Liebesbriefe, die Fink nie erhalten habe sowie Durchschriften von Schreiben, die ins Ausland gingen. Es sei zu vermuten, daß die frühere und inzwischen verstorbene Privatsekretärin von Fink für die Stasi gearbeitet habe. Vermerkt sei auch, daß Fink Opfer eines Lauschangriffs gewesen sei.

Der Vorwurf, Fink habe von der Stasi 1969 für einen Flug zum Weltstudentenbund in Genf 1.450 Ostmark und zusätzliche 50 Westmark erhalten, wies Trube zurück. Die vorgefundene Akte zeige lediglich, daß die Stasi einen entsprechenden Betrag für »Heiner« angefordert habe. Bei IMs sei es jedoch üblich gewesen, daß sie das Geld direkt von der Stasi erhielten. Fink habe das Geld jedoch vom Staatssekretariat für Kirchenfragen erhalten. Darüber lege eine eidesstattliche Erklärung des damaligen Staatssekretärs Weise vor. Dieser habe versichert, daß Fink von der möglichen Herkunft des Geldes nichts bekannt gewesen sei. sev

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