Kreuzberger Puppen ohne Publikum

■ Kreuzberger Puppenkabarett in der Nikodemus-Kirche

Karlheinz Bachmann und Doris Wattrodt gehören zu den Kiezkünstlern, die nicht auf den etablierten Bühnen spielen, sondern in Hinterhöfen, Parks, Nachbarschaftsläden oder Gemeinderäumen. Seit Jahren tingeln sie mit ihrem »Kreuzberger Puppenkabarett Abra Makabra« zwischen München und Berlin. Auf der kleinen Bühne in der Neuköllner Nikodemus-Kirche werden vorwiegend Szenen aus dem Kiez gespielt. Es geht um Wohnungsnot, Mietsteigerung (Freie Bürger fordern freie Mieten) und den Skinhead um die Ecke.

Des Kanzlers Traum vom Heiligen Geist ist der Wunsch, einen Zipfel vom Mantel der Geschichte zu erwischen — was Herrn Kohl inzwischen gelungen ist.

»Das Wohl der Stadt bringt mich noch um«, singt Kohl nach Albert Lortzings Oper Zar und Zimmermann, »diese ausdrucksvollen Züge — ich bin ein zweiter Salomon!«

Bachmann hat jahrelang als Lehrer mit türkischen Kindern gearbeitet. Politisches Kabarett mit Stabpuppen ist für ihn eine Möglichkeit, etwas gegen die Ausländerfeindlichkeit zu tun. Eine kleine Klaus- Staeck-Ausstellung ergänzt die »Aktion für mehr Demokratie«.

Karlheinz Bachmann und Doris Wattrodt haben sich für diesen Abend noch etwas Besonderes ausgedacht; nach dem Puppentheater spielt die Reggae-Gruppe »Soul Liberators«. Das ist wahrlich eine multikulturelle Band, ihre Mitglieder kommen aus Ghana, Äthiopien, Marokko, Deutschland und Polen. Die Soul Liberators schaffen es aus dem Stand, die wenigen Zuschauer von den Sitzen zu reißen.

Bachmann grübelt währenddessen in einem Nebenraum darüber nach, wie es mit ihm und Abra Makabra weitergehen soll. 1959 gründete er mit Freunden das Münchener »Rational Theater«, seitdem fühlt er sich auf den Brettern wohl; aber er kann nicht weiterhin, wie an diesem Abend, fast 1.000 Mark draufzahlen. Die Zukunft sieht düster aus für ihn und seine Kollegin Doris Wattrodt — sollten sich zukünftig nicht mehr ZuschauerInnen für Kultur im Kiez interessieren. Werner