Hitziger Runder Tisch in Tiergarten

■ Auseinandersetzungen am Runden Tisch über Maßnahmen gegen Drogenmißbrauch und Prostitution

Tiergarten. Es brodelt immer noch in Tiergarten Süd. Vor etwa einem Jahr forderten dort erstmals entnervte Anwohner einen Sperrbezirk. Nach mehreren Diskussionen und Expertenanhörungen ist diese Forderung weitgehend vom Tisch. Statt dessen trifft sich seitdem regelmäßig ein Runder Tisch von Betroffenen und Experten und versucht, die größten Probleme anzugehen: Autolärm durch nächtlichen Freierverkehr, Gefährdung der Kinder, herumliegende Spritzen und Kondome.

Beim vorgestrigen vierten Runden Tisch drehte sich alles um Maßnahmen gegen Drogenmißbrauch und Prostitution. Hitzig wurden Spritzenautomaten und Austauschprogramme diskutiert. »Wir wollen hier keine Automaten, sondern endlich wieder sicher und ruhig leben«, erregte sich ein Anwohner. Immer wieder rutschte die Diskussion in eine drogenpolitische Grundsatzdebatte ab. »Für Forderungen wie Legalisierung, Methadonprogramme und Druckräume müßten sie anfangen, internationale Verträge zu verändern«, kommentierte Drogenbeauftragter Wolfgang Penkert die Diskussion.

Die Gräben am Runden Tisch, der sich aus Anwohnern, Bezirksvertretern, Vertretern von Selbsthilfeprojekten, dem Stadtteilverein und Elternsprechern zusammensetzt, sind tief. Die einen wollen die Junkies loswerden, Automaten abschaffen und die Polizei verstärken, andere wollen in Zusammenarbeit mit der Szene das Leben für alle erträglicher machen. Erste Schritte wurden trotz aller Komplikationen seit dem ersten Runden Tisch im vergangenen Juni bereits gemacht: Die Kluckstraße wurde in Höhe der Einmündung der Pohlstraße für den Verkehr gesperrt, die Polizeipräsenz vor den Schulen vorübergehend erhöht, und das Gebüsch am Magdeburger Platz wurde gelichtet sowie die Straßenbeleuchtung verstärkt.

Jugendstadträtin Ada Withake- Scholz (SPD) kündigte außerdem an, eine Honorarkraft für den Spielplatz am Magdeburger Platz einzustellen. Monika Hoffmann von Hydra, Selbsthilfeorganisation der Prostituierten, regte an, für die Prostitution einen »Stichplatz« nach holländischem Vorbild einzurichten — einen abgetrennten Parkplatz mit Mülleimern neben den Parkboxen. Außerdem wurde erwogen, die Lützowstraße für den Nacht- und Durchgangsverkehr zu sperren. Für die Maßnahmen gegen den Drogenmißbrauch bot Wolfgang Penkert seine Mitarbeit in einem kleineren Kreis aus Anwohnern und Experten an. Trotz zäher Auseinandersetzungen standen am Ende des vierten von fünf angesetzten Runden Tischen einige Kompromisse. »Es ist schon toll, daß so viele Interessengruppen hier überhaupt miteinander reden« kommentierte Helmut Knieper vom Stadtteilverein die mühsamen Verhandlungen. jgo