: Peterchens Lohnfahrt
■ Barde Maffay in „Superfan“, Donnerstag, 20.15Uhr, RTLplus
Das härteste Abenteuer unserer Zeit sind jene Showideen, die von verzweifelten Programmachern in holländischen Kanälen aufgefischt und in einheimische Netze gezwängt werden. Nach Traumhochzeit mit Linda, der Maulwürfin, offeriert nun Marijke Amado Superfan, die Sendung für kompensationsbedürftige Wesen, deren Ergebenheit an Leibeigenschaft grenzt. Als erstes Top- Idol wurde eine der grauenhaftesten Gestalten der deutschen Musikszene aufgeboten: der warzenlippige Pseudorocker und 25fache Plattenmillionär Peter Maffay, der gewiß gern die Möglichkeit zur Werbung für seine anstehende Tournee nutzte.
Ein fremdartiges, nachgerade exotisches Völkchen muß das sein, das sich zusammenschließt, um dieser Travestie eines Rockmusikers mit der Unbeirrbarkeit eines Lemmings zu huldigen. Mit anthropologisch orientiertem Interesse klinkte sich deshalb der Rezensent in die Darbietung ein. Wer da eine ausgeprägte Form von Dementia praecox erwartet hatte, mußte sich vom Vorurteil häßlich getäuscht sehen. Zwar gab es unter den drei aus einer Horde Maffay-T-Shirts tragender Anbeter ausgewählten Kandidaten auch ein 17jähriges Hascherl mit Lockenkopf und Mopsfigur. Allerdings bekannte die Kleine, von ihren nicht minder fanatischen Eltern maffaymäßig angefixt worden und seither dem Exil-Rumänen bedingungslos verfallen zu sein. Die anderen beiden hätten gut und gern das Elternpaar des bedauernswerten Pummelchens abgeben können. Der eine, Gastwirt, 42 Jahre alt, aber schon sehr reif für sein Alter, erschien kettchenbehängt und trug stolz Brusthaar zur Schau. Die ihm beigesellte Kölner Sachbearbeiterin gab sich als Rustikalausgabe von Erika Berger, hatte erfolgreich 44 Lenze absolviert, wirkte dennoch rüstig, schied aber leider vorzeitig aus. Man mußte nämlich allerhand wissen aus dem Leben seines Idols, von welcher Firma seine erste Gitarre war, wie die Straße hieß, an der sein Elternhaus stand oder wann der Wirtschaftsasylant seinen Namen geändert hatte.
Auch der neuerdings im Antikriegsgenre textende Star selbst wurde hart rangenommen, nachdem er vor verzückten Fans, gegen die sich eine Manta-Fahrer-Riege wie ein Intellektuellenzirkel ausnimmt, einen seiner Schlager zum Besten gegeben hatte. Brav machte der selbsternannte Steppenwolf jeden Scheiß mit und quittierte Amados Befehle militärisch knapp mit „Yes, Sir“. Meise unterm Pony, kann man da nur sagen. Die Produktionsleitung war aber auch zu gut zum Peterle und lohnte ihm die lange Anfahrt überreichlich. Seit Jahrzehnten abgängige Freunde hatten die Rechercheure aufgetrieben, einer wurde gar eigens aus Südamerika eingeflogen. Da freute sich der Peter aber und zelebrierte wieder einmal seine obligatorischen Kumpelriten. Vor laufender Kamera wurden Männerfreundschaften gepflegt, igitt. Tony Schumacher, dito Kumpel, fuhr mit Maffays Harley Davidson ins Studio (für Interessierte: amtliches Kennzeichen HA-C586). Und wer fiel dem überglücklichen Peterchen auch noch und als letzter um den Hals? Oskar von der Saar, der auch gleich zu sagen wußte: „Er hat sogar politische Überzeugungen.“ Wau. Nächste Woche dann: Helmut Kohl trifft Heino. Oder vielleicht: Josef Duchac gibt sich als langjähriger Superfan von Gottlieb Wendehals zu erkennen. Herr Dittmeyer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen