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PRESS-SCHLAGDänen im Robbenpelz

■ Dänemarks Olympiateam provoziert Brigitte Bardot

Wenn am 8.Februar bei der Eröffnungsfeier die Mannschaften ins Stadion von Albertville einmarschieren, wird es gleich am Anfang zu einer Provokation kommen. Genauer gesagt beim Buchstaben „D“ — wie Dänemark. Die elf Aktiven, 13 Trainerinnen und Trainer sowie fünf Funktionäre des kleinen Teams sind nach wie vor wild entschlossen, in halblangen Robbenmänteln hinter ihrer rot-weißen Flagge das Stadion zu betreten.

„Wir glauben, daß die Mäntel wirklich schön sind — und ehrlich.“ So verteidigte Elo Tostenaes, Generalsekretär des dänischen NOK, bei der Vorstellung der Olympiamannschaft vor der Presse das Vorhaben: „Egal wie viele uns noch mit Pfiffen, faulen Tomaten und dem Scheiterhaufen drohen.“

Neben der Ehre, dabeigewesen zu sein — zu irgendwelchen Medaillen dürfte es bei den Flachländern vermutlich auch diesmal nicht reichen, auch wenn die jetzige Mannschaft rekordgroß ist — haben sich die Dänen noch einer besonderen Mission verschrieben: Die grönländische Robbenfängerei soll nicht länger unter der schlechten Presse der kanadischen Jagd auf Robbenbabys leiden. „Es ist dünnes Eis, auf das wir uns wagen“, gestand Dänemarks Teamchef Niels-Christian Holmström ein. Und, um gleich zu zeigen, wie das dünne Eis offensichtlich auch schon seine Nerven abgeschliffen hat, auf kritische Bemerkungen bei der Pressekonferenz: alle Kritiker und Kritikerinnen an den dänischen Mänteln seien Hohlköpfe.

Eine Kritikerin hatte er wohl besonders im Visier: Brigitte Bardot. Sie hat schon angekündigt, daß ihre Robbenschutzorganisation die dänische Provokation gebührend und passend beantworten werde. Um bereits im Vorfeld faule Eier und überreife Tomaten auf den schicken Mänteln zu verhindern, hat das Olympische Komitee nicht nur die Diplomaten Dänemarks in eine Vorabkampagne eingespannt, sondern gleich noch einen Journalisten angeheuert, der bei seinen Kollegen für gut Wetter sorgen soll.

Das stärkste Argument des dänischen Teams ist allerdings Greenpeace. Die Umweltschutzorganisation, früher heftige Kritikerin der Robbenjagd auch auf Grönland, hat zwischenzeitlich ihr Urteil revidiert. Während sie das Robbenschlachten in Kanada verurteilt, wurden die grönländischen Robbenfänger freigesprochen: Es sei Teil der überkommenen Kultur des Landes. Bei ihrem Slogan: „Ein Handwerk im Einklang mit der Natur“, kann sich das grönländische Robbenfellhandwerk deshalb mittlerweile mit dem Gütesiegel „greenpeace-proofed“ schmücken. Es war dies wohl auch ein entscheidender Grund dafür, daß sich die dänische Mannschaft auf das Sponsorabkommen eingelassen hat und nun für Robbenfelle Werbung läuft.

Der Polizeichef von Albertville wurde jedenfalls schon überzeugt: Man wolle nicht, daß irgendeine exzentrische Person die Olympiade als Spielwiese für ihren Kampf gegen die Robbenjagd benutze, wird er im Hinblick auf den zu erwartenden Einsatz seiner Landsfrau Bardot zitiert. Möglich aber auch, daß den Dänen noch die Show gestohlen wird. Die kanadische Mannschaft hat Mäntel „aus einem Wildpelz“ angekündigt. Von Robbenfell wird geflüstert. Und „Team Canada“ wird nicht nur zahlreicher, sondern wegen der alphabetischen Reihenfolge auch noch vor der kleinen dänischen Truppe das Stadion betreten. Vielleicht haben die Dänen Glück, und die faulen Eier reichen nicht für alle. Reinhard Wolff

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