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Erdgas-Preiskrieg auf neuer Ebene

■ Wie der Kampf zweier westdeutscher Konzerne zur Regierungssache eskalierte

Essen/Berlin (dpa/taz) — Mit der heftigen Attacke der russischen Parlamentszeitung 'Rossijskaja Gaseta‘ zur Begrüßung Möllemanns in Moskau ist der Erdgas- Preiskrieg auf eine neue Ebene gelangt. Was vor Jahren als Machtkampf der westdeutschen Energiegiganten BASF und Ruhrgas um das Monopol auf dem deutschen Erdgasmarkt begann, beschäftigt nun die deutsche und die russische Regierung. Die Erdgaspreise waren der BASF und deren Tochtergesellschaft Wintershall beim Lieferanten Ruhrgas schon lange zu hoch, und deshalb traten sie an, das Monopol der Essener — über 70 Prozent Marktanteil in der alten Bundesrepublik — zu brechen. Eine BASF-Erdgasleitung von Emden nach Ludwigshafen ist inzwischen im Bau.

Die zweite Runde des Streits wird in Ostdeutschland ausgetragen. Ruhrgas hatte sich dort einen 35-Prozent- Anteil an der beherrschenden Ferngasgesellschaft Verbundnetz Gas AG (VNG) gesichert; weitere zehn Prozent übernahm ihr Aktionär BEB. Wintershall ging im Beteiligungspoker zunächst leer aus, bekam aber auf andere Weise ein Bein in die Tür: Sie gründete zusammen mit der staatlichen russischen Gasgesellschaft Gazprom (50:50) die Wintershall Erdgas Handelshaus GmbH (WIEH). Darüber fließt seitdem russisches Gas, auf das die neuen Bundesländer bisher noch voll angewiesen sind. Die WIEH verlangt einen Erdgaspreis, der laut Ruhrgas und VNG um 25 Prozent über dem westeuropäischen Importniveau liegt. Branchenkenner vermuten, daß Wintershall die Gazprom erst mit der Aussicht auf den höheren Preis in das Joint-venture gelockt hat. Die VNG will den geforderten Preis nicht akzeptieren. Ein Ausfall des russischen Erdgases, das in den alten Bundesländern einen Anteil von 30 Prozent hat, wäre hier kaum zu verkraften. Allerdings: Rußland könnte die Devisenausfälle noch weniger verschmerzen. dri

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