: Ingrid Strobl: Solidaritätsdemo fand spätes Nachspiel vor Gericht
Essen (taz) — Gestern, knapp drei Jahre nach einer Solidaritätsdemonstration für Ingrid Strobl am 11. Februar 1989, endete das juristische Nachspiel vor dem Essener Amtsgericht mit zwei Verurteilungen. Wegen schweren Landfriedensbruchs, Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wurde Peter S. vom Essener Amtsgericht zu anderthalb Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Gegen den Mitangeklagten Nicolas A. verhängte das Gericht unter anderem wegen vorsätzlicher Körperverletzung, eine Geldstrafe von 800 Mark. Das Verfahren gegen zwei weitere Angeklagte hatte das Gericht schon vor Wochen eingestellt, der fünfte Angeklagte war freigesprochen worden.
Nicolas A. soll versucht haben, sich durch Fußtritte gegen Polizeibeamte seiner Festnahme zu entziehen. Peter S. wurde zur Haftstrafe verurteilt, weil er mit einer Latte, die er nach den Worten des Richters „wie eine Lanze führte“, auf den Kopf eines am Boden liegenden Polizeibeamten eingestoßen haben soll.
In die Schlagzeilen geriet der Prozeß, weil die Essener Polizeiführung in einem sogenannten Dienstunterricht die Polizeizeugen vor Prozeßbeginn drei Stunden lang gezielt präpariert hatte. Selbst der Gerichtsvorsitzende räumte gestern während der Urteilsbegründung ein, daß die Polizeizeugen „instruiert“ und „beeinflußt“ worden seien. Das eigentliche Tatgeschehen sei aber gleichwohl in beiden Fällen „glaubwürdig“ geschildert worden.
Nach Auffassung der Verteidigung ging die Aussage des Polizeibeamten Schmidt, Peter S. habe eine Latte wie eine Lanze benutzt, direkt auf den „Dienstunterricht“ zurück: Während seiner ersten polizeilichen Vernehmung hätte der Zeuge von den Kopfstößen nichts mitgeteilt. Die Verteidigung will gegen das Urteil Berufung einlegen. Walter Jakobs
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