: Geballte Potenz
■ Pferdezüchter zeigen ihre Top-Beschäler / Ziemlich männliche Angelegenheit
Stellen Sie sich vor, Sie bekämen in einer Show Männer in möglichst vielen Lebenslagen vorgeführt, die sich alle durch eins auszeichnen: Das Ergebnis ihrer Haupt- und Lieblingsbeschäftigung, der Durchführung des Geschlechtsaktes nämlich, ist durch die Reihe von besonders hoher Qualität. Lauter sich stolz präsentierende Väter von kleinen Einsteins sozusagen.
Geschmacklos?
Pferdezüchter haben mit solchen Männerveranstaltungen verständlicherweise nicht solche Probleme. Und so durfte sich denn am Donnerstag abend geballte Potenz auf dem Bremer Pferdesport-Festival präsentieren. Gut vier Dutzend Zuchthengste, vom Oldenburger über den Westfalen zum Hannoveraner und Trakehner, trabten, tobten und traversierten durch die Halle, um zu zeigen, was wohl daraus werden könne, wenn man sie mal läßt...
„Von Züchtern für Züchter“, das war das Motto des Abends. Doch die begnügen sich bei Hengstvorführungen meist damit, die Parade-Beschäler immer ums Rund traben zu lassen — an der Hand eines Vorführers, der verzweifelt versucht, im Takt mit den schmeißenden Beinen des Equus equus zu bleiben. Vorausgesetzt er kommt, wenn auch keuchend, überhaupt noch mit. In der gut zur Hälfte gefüllten Stadthalle gab's aber noch mehr zu sehen: Eine Inszenierung von „Phantom of the opera“ mit zwei Hengsten plus Reitern und einer Tänzerin zum Beispiel. Letztere tat sich zwar mit dem Geläuf bei ihren Pirouetten etwas schwer, trotzdem: Das Pas-des-deux von Mensch und Pferd fiel eher eindrucksvoll aus, die hohe Schule des Tanzes beherrschen beide. Während die tanzende Hauptperson mit ihrem prächtig verkleideten Lover (inclusive Pferd unter'm Hintern, versteht sich) herumscharwenzelt, legt sich das verschmähte Phantom im Form des Rapphengstes Tivano hin — was Pferde nur tun, wenn sie absolutes Vertrauen haben und sich sicher fühlen.
Weiter gehts ganz wie im Zirkus: Das Pferd „setzt“ sich halb auf — ja, noch ein Stückchen höher — und schwupp, nimmt es die Tänzerin auch noch mit in luftige Höhen. Beeindruckend, wie „Tivano“ sowohl mit seinem Reiter als auch der soeben gekaperten Dame auf dem Buckel die Hohe Schule der Dressur vorführt.
Das ist sie halt, die natürliche Eleganz der Pferde: Auch wenn immer wieder Versuche angestellt werden, Rinder zu Reittieren zu machen — es wäre einfach nicht dasselbe. Frau stelle sich selbige Szene mit einer Kuh vor: Schwierig, schwierig, da Kühe bekanntlich mit dem Hintern zuerst aufstehen...
The Show goes on: Ihre Feuerprobe bestanden vier junge Holsteiner Hengste. Als wenn nix wär, hüpften sie über vier lodernde Feuerhindernisse — na gut, einer sprang zur Vorsicht lieber mal dreißig Zentimeter höher als notwendig, aber sonst... In diesem Falle sicherlich angebracht: Das Hochbinden des Schweifes, Feuerproben müssen ja nicht immer Spuren hinterlassen.
Auf fremdem Territorium präsentierte sich das nordrhein-westfälische Landesgestüt Warendorf: Zu bestaunen waren nicht nur ein Dutzend Westfalen-Hengste in einer perfekt gerittenen Quadrille, sondern auch Menschen mit solch raren Berufsbezeichnungen wie Hauptsattelmeister, Landesgestüthaupt- und -oberwärter.
Wiederum: Alles nur Männer. Soviel Männlichkeit läßt sich offensichtlich nur von Geschlechtsgenossen bändigen — ach nein, die vier Westfalen-Ponyhengste, die durften Frauen reiten...
Übrigens war auf dem Züchterabend auch Sport angesagt: Auf einer Dressur- und einer Springprüfung der leichteren Kategorie durfte die tierische HERRlichkeit zeigen, daß sie auch noch was anderes kann als Show und ... na, Sie wissen schon.
skai
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