: Süddeutscher Verlag drängt nach Berlin
■ Verlagshaus sucht nach Expansionsmöglichkeiten/ Beteiligung beim Berliner Verlag angestrebt
Berlin (dpa/vwd) — Die Herausgabe der 'Süddeutschen Zeitung‘ scheint die Manager des gleichnamigen Verlages nicht mehr auszulasten. Wo auch immer in der Bundesrepublik ein Zeitungsverlag nach neuem Kapital sucht, wird der Süddeutsche Verlag genannt; sei es beim 'Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt‘ in Hamburg oder beim (Ost-)Berliner Verlag. Nach dem Tod des britischen Medien-Tycoons Robert Maxwell und dem Zusammenbruch seines Verlagsimperiums stehen dessen 50 Prozent der Anteile am Berliner Verlag zum Verkauf, auf die der Hamburger Verlag Gruner+Jahr (G+J) ein Vorkaufsrecht hat. Die Hamburger halten bereits die andere Hälfte des Verlags, der unter anderem die 'Berliner Zeitung‘ und die 'Wochenpost‘ herausgibt. Wer Berlin hat, hat den Markt im Osten der erweiterten Bundesrepublik, lautet einer der neuen Glaubenssätze der Branche — und das macht die Maxwell-Hälfte des Berliner Verlags erst interessant. Der Süddeutsche Verlag, der neben der Münchner Überregionalen diverse Beteiligungen an Schulbuchverlagen und Privatradios vor allem in Bayern hält, soll sich schon um eine Beteiligung am Berliner 'Tagesspiegel‘ bemüht haben (was seitens des 'Tagesspiegels‘ allerdings gestern heftig dementiert wurde).
Bei G+J, die zunächst von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen wollten, scheint man das Kapital der Münchner hingegen gerne zu sehen. „Der Süddeutsche Verlag, ein seriöses Verlagshaus, wäre für uns ein interessanter Partner“, sagte gestern G+J-Sprecherin Sigrid Berenberg-Gossler. „Wir sind keine Konkurrenten.“ Erst kürzlich kursierten Gerüchte, daß der Preis für den Maxwell-Anteil der Bertelsmann-Tochter zu hoch sei.
Nach dem gültigen Vertrag zwischen Maxwell und G+J sitzen die Hamburger ohnehin am längeren Hebel. Sie alleine bestimmen die Geschäftsführung. Und ohne ihre Zustimmung kann sich niemand in den Berliner Verlag einkaufen, für den G+J und Maxwell gemeinsam 330 Millionen Mark bezahlt haben sollen. Diese Bedingungen sind für die Münchner wohl auch das Haupthindernis: Falls sie das gesamte Paket für einen sicherlich dreistelligen Millionenbetrag kaufen, wollen sie auch mitbestimmen. G+J wäre allerdings „schön blöd“, so ein G+J- Insider, wenn sie diese Vorteile ohne Not aufgeben würden. G+J verhandelt deshalb weiter mit Maxwells Konkursverwalter über den Kauf und gleichzeitig mit den Münchnern über eine Partnerschaft. Möglicherweise wird das Paket dann ja auch aufgeteilt.
Kartellamt sieht keine Probleme
Das Kartellamt, das auf jeden Fall dem Verkauf zustimmen müßte und bei dem sowohl Gruner+Jahr als auch der Süddeutsche Verlag ihre Kaufabsichten angemeldet haben, hätte weder gegen G+J noch gegen den Süddeutschen Verlag Einwände. Die marktbeherrschende Stellung in Berlin hält ohnehin der Axel Springer Verlag. Donata Riedel
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