: SPD Bremen-Nord bricht entzwei
■ Sozialdemokraten schmissen Beirats-Arbeit hin / Dialog statt Juso-Ausschluß
Die „Gesprächsmöglichkeit ist völlig weg“, sagt der Unterbezirksvorsitzende von Bremen- Nord, Detmar Leo. „Da ist für mich kein Ausweg mehr erkennbar“, sagt der Orsvereinsvorsitzende der SPD in Farge-Rekum, Rolf-Dieter von Bargen. Am Dienstag abend hat er resigniert seine Arbeit in der SPD-Fraktion des Beirates Blumenthal aufgekündigt. Konkreter Anlaß war, daß der SPD-Beirats-Frakti-
onsvorsitzende Alex Schupp gesagt hat, der Genosse Chodhoury habe den CDU-Mann Peters nahegelegt, die SPD-Frau Schmidtke zu wählen. Chodhoury bestreitet das, Schlupp kann es nicht beweisen, wollte es auch nicht zurücknehmen. „Das ist politischer Rufmord“, sagt von Bargen.
Auch einer von der anderen Seite des Streits, der frühere Ortsamtsleiter Karl Lüneburg, hat unter Protest die Brocken hingeschmissen. Er wolle sich nicht von sagen lassen, er sei „eine Belastung für die Fraktion“. Lüneburg resigniert: „Ich habe viele Jahre für die Partei gelebt und der SPD mein Leben gewidmet.“
Mit dem Ausschluß nur bedroht oder auch nicht wurden die beiden Jusos Rüdiger Wala und Wulf Böcker. Am 17. Januar hatte ihnen der UB-Vorsitzende Detmar Leo einen Brief geschrieben und dem einen sogar nahegelegt, die „Mitgliedschaft in der Partei aufzugeben“, weil er als umweltpolitisch engagierter Bürger von den Grünen für einen Beiratsausschuß nominiert worden war. Detmar Leo, von Schupp in den Konflikt eingeschaltet, setzte den Jusos ultimativ eine Frist für eine Stellungnahme. Nach der Veröffentlichung des Falles (taz 3.2.92) und dem Protest der Juso- Landesvorsitzenden verweist Leo heute darauf, daß man seinen Brief durchaus als Ausschlußdrohung verstehen „kann“, daß er aber „so nicht zu verstehen ist!“ (Ausrufezeichen im Original). Er, Detmar Leo, habe nämlich damals schon in einem anderen Brief dem Alex Schupp mitgeteilt, daß die Nominierung auf einen grünen Beirats-Ausschuß- Sitz als SPD-Ausschlußgrund nicht tauge. Dem Alex Schupp hatte Leo allerdings gleichzeitig versprochen, „daß das Verhalten der beiden Genossen so nicht hingenommen werden kann“.
Der Spagat hat die Parteiflügel nicht zur Parteidisziplin zurückrufen können. Nachdem die beiden Jusos die Frist einfach verstreichen ließen, lädt sie der UB- Vorsitzende nun höflich zu einem Gespräch über Politikstil und innerparteilichen Verhaltenskodex für Anfang März ein. Der Termin soll einen „Impuls für die Strukturdebatte geben“, erklärte Detmar Leo gegenüber der taz. Der Unterbezirksvorstand will gleichzeitig ein klärendes Gespräch mit den widerstreitenden Blumenthaler SPD-Genossen anberaumen.
Hinter den Form-Fragen stehen handfeste inhaltliche Differenzen, die über das strittige Thema „Ausbau der B 74“ weit hinausgehen. Im Sommer 1991 hatten die beiden Jusos Wala und Böcker das Problem so formuliert: „Wir stellen fest, daß der notwendige Raum zum Querdenken, die unverzichtbare Grundlage einer lebendigen Demokratie und Streitkultur in Blumenthal aufgrund der bestehenden verkrusteten Strukturen nicht gegeben ist“, Ein „Generationswechsel“ sei erforderlich, der mehr bedeute als daß die „70jährigen die Macht an die 50jährigen abgeben“. K.W.
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